Asyl: Auf und davon in eine ungewisse Zukunft

Theresia Oswald vom Miltenberger Arbeitskreis Asyl engagiert sich mit viel Einsatz und etwa 30 weiteren Ehrenamtlichen für die Asylbewerber in Miltenberg.
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  • Theresia Oswald vom Miltenberger Arbeitskreis Asyl engagiert sich mit viel Einsatz und etwa 30 weiteren Ehrenamtlichen für die Asylbewerber in Miltenberg.
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Die Aufregung bei den jugendlichen Asylbewerbern war groß als es hieß es wird ein Foto für die Zeitung geschossen. Da wurde schnell noch einmal ins Zimmer gerannt um sich zu stylen oder umzuziehen. Seit Mai hat die Berufsbildungsstätte Kloster Himmelthal acht jugendliche Flüchtlinge zwischen 15 und 17 Jahren aufgenommen, die ohne Begleitung nach Deutschland gekommen sind. Eigens dafür wurde eine neue heilpädagogische Wohngruppeim Rahmen der Hilfen zur Erziehung nach SGB VIII geschaffen. Und da jedes Kind ein Recht auf Hilfe hat, gilt dies auch für Flüchtlinge“, erklärt Bernhard Holzmann Einrichtungsleiter der Berufsbildungsstätte.

Syrien, Irak, Lybien, Iran oder Aserbaidschan, Ukraine, Tschetschenien, Kosovo, Mongolei und die afrikanische Ländern - Menschen flüchten, weil sie in ihrer Heimat verfolgt werden oder die politischen Umstände dort nicht mehr aushalten. Die Bilder über Schicksale aus den verschiedensten Kriegsgebieten gehen unter die Haut: Flüchtlingsströme, elternlose, weinende Kinder die ihre kleineren Geschwister schützend auf dem Schoß halten, völlig überfüllte Massenlager und Boote mit Kindern, Frauen und Männern die hilfesuchend ihre Arme entgegenstrecken.

Häufig beruht Angst nur auf Unwissenheit

Die Zahl der Flüchtlinge erreicht derzeit weltweit die höchste Zahl seit dem 2. Weltkrieg. Im Jahr 2014 rechnet die bayerische Staatsregierung mit rund 30.000 Asylbewerbern - und irgendwo müssen sie auch untergebracht werden. Längst stoßen städtische und landesweite Behörden, vor allem viele Erstaufnahme-Einrichtungen, an ihre Grenzen und sehen sich nur noch mit dem Aufbau von Zelthallen in der Lage, Flüchtlinge unterzubringen.

Von der inzwischen völlig überfüllten bayerischen Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf werden die Flüchtlinge auf die einzelnen Landkreise verteilt. Seit 1. September ist der Kreis Miltenberg verpflichtet, pro Woche bis zu 14 Flüchtlinge unterzubringen. „Keine leichte Aufgabe“, sagt die Pressesprecherin des Landratsamt Miltenberg Susanne Seidel. Der Landkreis beherbergt derzeit rund 370 Bewerber in Miltenberg, Mönchberg, Faulbach, Klingenberg, Schneeberg, Collenberg, Weilbach, Kleinheubach, Großheubach und die meisten davon in Wörth. Im Vergleich zu anderen Ländern, und Städten, so Seidel, leben bei uns noch relativ kleine Gruppen zusammen, das erleichtert natürlich das Zusammenleben.“

Das Wort „Gemeinschaftsunterkunft“ ist oft ein rotes Tuch, weil man Schlägereien, Respektlosigkeit und Vandalismus vor Augen hat. Viele denken: Natürlich werden Asylantenunterkünfte gebraucht. Bitte nicht vor der eigenen Haustür.

Mutmacher

In Miltenberg setzt eine Gruppe engagierter Ehrenamtlicher ein Zeichen gegen Abweisung und Fremdenhass. Seit Januar gibt es einen sehr aktiven Asyl-Arbeitskreis, der sich um die Asylbewerber kümmert. Es sind etwa 30 Leute, die sich unabhängig von Religion und Konfession für die ausländischen, zum Teil schwer traumatisierten, Menschen einsetzen. Theresia Oswald aus Miltenberg ist eine von ihnen: „Wir engagieren uns indem wir Freizeitaktivitäten gestalten oder sie bei Behördengängen unterstützen. Gerade auch jetzt zu Schulbeginn war unsere Unterstützung wichtig. Meist hat einer die Patenschaft für eine Familie.“

In Wörth fungiert Karin Schirmeister von der Stadtverwaltung als Ansprechpartner für die Asylbewerber. Wörth ist die Stadt im Landkreis mit der prozentual höchsten Anzahl (20 %) an Flüchtlingen. In drei Unterkünften sind 72 Personen untergebracht. „Im Moment", so Schirmeister, " habe ich zwei ehrenamtliche Helfer die Deutschkurse geben. Unter den Asylbewerbern sind viele Familien. Dadurch sind Schule und Kindergärten natürlich stark frequentiert. Bisher war die Hilfsbereitschaft und Anteilnahme seitens der Wörther Bevölkerung sehr groß. Wir haben Flüchtlinge aus Aserbaidschan, Kasachstan, der Ukraine, Nigeria, Somalia, Syrien, Georgien, Serbien, Iran und Russland. Darunter befinden sich Kriegs- aber auch Wirtschaftsflüchtlinge.".

Auch in Schneeberg kommt man gut miteinander aus, wie Bürgermeister Erich Kuhn erklärt. Bei uns sind 16 Syrer, Palästinenser und Pakistani untergebracht. Zwei Mal in der Woche wird Deutsch unterrichtet. Vor kurzem hatten wir einen Aufruf für eine Fahrradaktion gestartet, die sehr erfolgreich war. Somit sind unsere Asylanten einfach flexibler. Sogar ein Fernseher wurde gespendet. Trotz unterschiedlicher Nationalität und Mentalität ist das Untereinander der Flüchtlinge gut. Bei der vorherigen Gruppe die ausschließlich aus Pakistanis bestand war der Kontakt zu den Schneebergern noch etwas größer. Wir sind auch froh darüber, dass zwei ortsansässige syrische Familien sich hier um ihre Landsleute kümmern.

Nach einem Aufruf der Regierung von Unterfranken hat auch das Jugendhaus St. Kilian sich bereit erklärt Flüchtlinge unterzubringen. „Bei kurzfristigen Anfragen des Landratsamtes kann die Wohnung in der Villa Kolonat zur Verfügung gestellt werden. Allerdings mit der Einschränkung, nicht für längere Zeit am Stück, sondern nur punktuell, weil wir die Wohneinheit immer wieder auch für eigene Gruppenanfragen brauchen“, erläutert Lukas Hartmann, Diplom-Pädagoge und Leiter des Jugendhauses. „Als katholisches Jugendbildungshaus ist es uns ein wichtiges Anliegen, Flüchtlingen zumindest kurzfristig eine menschenwürdige Unterkunft zu bieten."

Verlorene Zeit durch Nichtstun

Dass ein Zusammenleben unterschiedlicher Nationalitäten, Mentalitäten und Religionen nicht immer einfach ist kann man sich denken. Um die Lage zu entzerren wurde unter anderem eine kleine Arbeitsgruppe mit den männlichen Asylbewerbern zusammengestellt. Sie üben gemeinnütze Arbeiten aus und erhalten dafür eine Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro pro Stunde. In der letzten Aktion wurde das Johanniskreuzkraut rund um Wörth entfernt.
In letzter Zeit kam sehr viel offizieller Besuch von Seiten des Landtags, der Grünen und der Freien Wähler. Dabei wurde immer wieder auf ein Problem aufmerksam gemacht – und das betrifft nicht nur die Wörther sondern sämtliche Asylbewerber des Landkreises – der Ruf nach mehr Deutschkursen. Denn es ist auch frustrierend nur ausharren zu müssen. Insbesondere für jene, welche schon längere Zeit hier sind: Sie essen, schlafen und warten, bis sie eine Entscheidung über ihren Asylantrag erhalten. Der Wille zum Erlernen der deutschen Sprache ist vorhanden. Denn nur über die Sprache ist es möglich sich zu integrieren. So sind inzwischen einige unserer Flüchtlinge in unseren Vereinen aufgenommen worden.

Die acht Jugendlichen, die in Himmelthal aufgenommen wurden hingegen sind in eine klare Tagesstruktur eingebunden. Dazu gehört jeden Vormittag von 8-12 Uhr Deutschunterricht. Nachmittags sind sie in den Werkbereichen involviert um, im Rahmen einer Berufsfindung zu sehen, wo ihre Neigungen und Fähigkeiten liegen. „Als Fernziel ist angedacht dass man sie in Ausbildungsbetriebe bzw. Arbeitsverhältnisse vermitteln kann. Natürlich immer in Abhängigkeit vom Aufenthaltsstatus “, erläutert Holzmann. „Sie haben sich inzwischen eingelebt und sind zum größten Teil gut integriert. Sie nehmen an Festen, Freizeitveranstaltungen, heilpädagogischen Angeboten und Ausflügen teil. Drei von ihnen können voraussichtlich in Kürze eine Integrationsklasse der Berufsschule besuchen.“

JoAS – Ein Sportintegrationsprojekt

Beim Sportintegrationsprojekt „JoAS – bewegt in die Zukunft“ können die jungen Flüchtlinge vor allem ihre sozialen, personalen und kommunikativen Kompetenzen verbessern: von einfachen Kennlernspielen über Fairness-Spiele bis hin zu einem erlebnispädagogischen Outdoor-Tag – das Sportprojekt hilft den jungen Menschen über verschiedene Sport- und Bewegungsspiele dabei, sich in ihrer neuen Heimat zurechtzufinden.

Das Projekt „JoAS“ ursprünglich für Klassen mit Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz (JoA) entwickelt. Vor 2 Jahren wurde das Projekt für die berufsschulpflichtigen Asylbewerber und Flüchtlinge von den Kooperationspartnern mit Hilfe der Handwerkskammer ausgebaut.

Wohnungsbedarf besteht weiterhin

Die Dauer eines Asylverfahrens ist unterschiedliche lange. Es kommt auf das Land bzw. den Fall an. Das kann von wenigen Wochen, in Einzelfällen sogar mehrere Jahre dauern. So lange sind die Flüchtlinge in Asylunterkünften untergebracht. Und da die vom Landkreis angemieteten Wohnungen bei weitem nicht ausreichen, so Susanne Seidel vom Landratsamt Miltenberg, appelliert sie an Hauseigentümer, doch leer stehenden Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Mietverträge werden mit dem Landratsamt abgeschlossen. Ein angemessener Mietpreis ist für Vermieter somit gesichert.

Helfer gesucht - Wer engagiert sich?

Um sich zu integrieren und austauschen ist es notwendig die Sprache zu beherrschen. Daher möchte der Sozialdienst beim Caritasverband für den Landkreis Miltenberg e.V. ehrenamtliche Deutschkurse unterstützen. Es werden Helfer gesucht, die sich bereit erklären Deutschkurse im Landkreis zu halten. Eine pädagogische Ausbildung ist nicht Voraussetzung, vielmehr ist Freundlichkeit und die Bereitschaft, sich auf andere Menschen einzustellen, gefragt. Oder seien Sie doch einfach neugierig auf eine andere Kultur!

Infokasten:
Ansprechpartner im Landkreis
Sozialamt Simone Greulich 09371-501264
Flüchtlingsberatung der Caritas:
Silvia Elbert 09371-9789 35
Wolfgang Härtl 09371-9789 45

Autor:

Sylvia Kester aus Miltenberg

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