Heidelberger Germanist zu Gast an der ZGB

„Ich war überrascht als ich hörte, dass diese ,schräge‘ Geschichte von E.T.A. Hoffmann das aktuelle Sternchenthema des diesjährigen Abiturs ist“, mit diesen Worten begann Prof. Dr. Dirk Werle von der Universität Heidelberg seinen Vortrag in der Aula der Zentralgewerbeschule Buchen (ZGB).
Rund 150 Oberstufenschüler und Lehrer der ZGB, der Helene-Weber-Schule und des Burghardt-Gymnasiums, die alle die gleichen Abiturlektüren behandeln, verfolgten den Vortrag „E.T.A. Hoffmann: Der Goldene Topf – die Erfindung der phantastischen Literatur“, der den Schülern den schwer zugänglichen Text aus der Romantik nahezubringen versuchte.
Für die meisten Schülerinnen und Schüler stellt diese Lektüre, aber auch die beiden anderen relevanten Texte, Goethes „Faust“ und Hesses „Steppenwolf“, eine große Herausforderung auf dem Weg zum Abitur dar. Der komplexe und rational oft kaum zu erfassende Werdegang des Studenten Anselmus, der sich von einem Kopisten von Manuskripten hin zu einem Poeten in der wunderbaren Traumwelt Atlantis entwickelt, stellt hohe Anforderungen an die Oberstufenschüler. Auch die Verwandlung der Geliebten Anselmus‘ in eine Schlange oder ein lebendig werdender Türknauf erleichtern das Verständnis nicht.
In den Worten Herrn Werles wurde schnell deutlich, dass auch er damit herausgefordert war, einen Zugang zu dem Text zu bekommen. Vor allem zwei Schwierigkeiten seien es, die gemeistert werden müssten. Zum einen müsse die zeitliche Barriere überbrückt werden. Da ist zunächst einmal die altertümliche Sprache, mit zahlreichen, heute nicht mehr geläufigen Begriffen, zum anderen frage man sich immer, wie die Vorstellungswelt zu Beginn des 19. Jahrhunderts aussah, also, „glaubten die Menschen damals wirklich, dass Personen sich auf einmal in Tiere verwandeln“. Das zweite Problem des Zugangs sei die Person Hoffmanns und seines romantischen Schreibens, da man sich hier oft während des Lesens frage, ob es sich „bei dem Text um mehr als um eine Drogenphantasie handle.“
Seine Annäherung verlief dabei darüber, dass er sich zunächst einmal deutlich machte, was typisch für die literarische Epoche der Romantik sei. Es sei eine „Poetik des Phantastischen und einer Theorie der Imagination“ die sich „scharf von den Abbild-Konzepten des 18. Jahrhunderts“ abgrenze. Mit seinem „,Goldenen Topf‘ habe Hoffmann eine neue Form des Erzählens erfunden“. Mit seinem phantastischen Erzählen wolle er andeuten, dass es neben und hinter der Alltagswelt noch andere Dinge gebe, eine andere Welt, die der Poesie, die aber vielleicht wirklicher sei, „als wir als aufgeklärte Menschen zu wissen meinen.“
Zu der Frage, ob dieser alte Text, immerhin wurde er bereits 1814 veröffentlicht, heute noch aktuell sei, meinte Professor Werle, das diese Frage an sich falsch gestellt sei, denn alte Texte seien einfach alt, aber sie lehrten den heutigen Leser etwas über unsere eigene Kultur und Geschichte. Zudem zweiten können sie uns „die Ahnung vermitteln: Da ist noch etwas in der Welt, das wir nicht rational erfassen können.“ Die Literatur sei der Ort, „an dem wir diese Erfahrungen, die in unserer ‚normalen‘ Welt keinen Platz haben, ausphantasieren können.“
In der anschließenden Fragerunde, die von der Initiatorin des Nachmittags Dr. Isabell Arnstein geleitet wurde, durften die Schüler dem Germanisten Fragen zu Hoffmann, dem „Goldenen Topf“ und zum Studium der Germanistik stellen.
Professor Werle fand diesen Nachmittag vor allem deswegen spannend, weil er als Universitätsdozent normalerweise keinen Kontakt zu Schülern hat. Zum Dank wurde ihm ein goldener Topf, Übertopf, überreicht in dem sich auch ein goldener Blecker fand, der nun vielleicht sein Zuhause auf einem Schreibtisch in Heidelberg findet.Si

Foto: Ihrig
Das Bild zeigt den Schulleiter Konrad Trabold, den Germanist Prof. Dr. Dirk Werle und Dr. Isabell Arnstein.

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