Abfallwirtschaft
Mindestbehältervolumen für Restmüll gesenkt, keine flächendeckende Biotonne im Landkreis Miltenberg

In seiner jüngsten Sitzung hatte der Ausschuss für Natur- und Umweltschutz über mehrere Prüfaufträge zu entscheiden, die der Ausschuss im Dezember 2021 der Verwaltung in Sachen Weiterentwicklung des Abfallkonzeptes erteilt hatte. Das Ergebnis: Im Zuge der Neuausschreibung wird das vorzuhaltende Mindestvolumen für Restmüll von 7,5 auf sechs Liter pro Person und Woche reduziert, die Biotonne wird nicht flächendeckend eingeführt und die Kommunale Abfallwirtschaft soll ihre Öffentlichkeitsarbeit fortführen und medial weiterentwickeln. Über diese Empfehlungen muss nun der Kreistag entscheiden.

Laut Ruth Heim, Leiterin der Kommunalen Abfallwirtschaft, ist die Reduzierung des Mindestvolumens auch bei derzeitiger durchschnittlicher Auslastung der grauen Tonnen zwischen 82 und 94 Prozent vertretbar. Sie gab zu bedenken, dass dadurch die Restmüllmenge kurzfristig wohl kaum sinken werde, langfristig könnte das aber ein Anreiz zur Müllvermeidung sein. Die Reduzierung des Mindestvolums hätte finanzielle Auswirkungen, sagte sie und legte mehrere Rechenmodelle vor, die mit Kosten hinterlegt waren. Sollten etwa fünf Prozent der Mülltonnennutzer*innen ein kleineres Gefäß anmelden, so sei das im Gebührenhaushalt finanzierbar, meinte sie. Konkret könnte das im angenommenen Fall Mindereinnahmen von rund 54.000 Euro pro Jahr für den Landkreis bedeuten. Angesichts eines Müllhaushaltsvolumen von rund 14 Millionen Euro hielt sie das für verkraftbar.

Der ÖDP ging die Reduzierung nicht weit genug. Sie schlug stattdessen unter anderem vor, auf das Mindestbehältervolumen zu verzichten und / oder ein Identsystem nach Kitzinger Modell einzuführen. Dadurch nehme man weniger Gebühren ein, habe aber auch geringere Transportkosten zur Verbrennung, argumentierte Regina Frey im Namen der ÖDP und legte Zahlen vor, wonach die Restmüllmenge in Kitzingen nach der Einführung des Identsystems um über 20 Prozent gesunken sei. Landrat Jens Marco Scherf ergänzte, dass die Müllmengen aus Kitzingen nicht vergleichbar mit denen in Miltenberg sind, da im Landkreis Miltenberg der Gewerbemüll inkludiert sei. Auch von einer „Müll-Flatrate“, wie von der ÖDP, behauptet, könne man im Landkreis auf gar keinen Fall sprechen.

Der Ausschuss mochte sich dem Antrag der ÖPD mehrheitlich nicht anschließen, für die Senkung des Mindestbehältervolumens sprach sich der Ausschuss allerdings einstimmig aus. Dies soll ein Anreiz zur Müllvermeidung sein, denn nun können Bürger*innen auf eine kleinere Tonne umsteigen, wenn die Voraussetzungen auf sie zutreffen.

Mit einer Gegenstimme sprach sich das Gremium gegen die flächendeckende Einführung der Biotonne im Landkreis aus. Ruth Heim machte dem Ausschuss klar, dass alleine die notwendige Anschaffung von rund 17.000 neuen Biotonnen den Landkreis über 550.000 Euro kosten werde, dazu kommen weitere Kosten wie etwa für die Aufstellung. Das bedeute bei einer Nutzungsdauer von acht Jahren jährliche Abschreibungen von mindestens 70.000 Euro. Nicht eingerechnet sind in der Summe die Kosten für die zusätzlichen Entleerungen (rund 485.000 Euro pro Jahr), der Transport zur Kompostierungsanlage (60.000 Euro), die Behandlungskosten (210.000 Euro), so dass am Ende über 765.000 Euro pro Jahr aufzuwenden sind. Dass bei der nächsten Ausschreibung mit Kostensteigerungen von bis zu 40 Prozent zu rechnen sei, befürchtet Heim darüber hinaus. Weniger Restmüll würde zwar geringere Transportkosten verursachen, allerdings sei das Kompostieren rein rechnerisch nicht günstiger als die Verbrennung, so Heim. Unumstritten sei, dass die Restmüllmenge reduziert werden müsse, aber auch die Sortierung des Bioabfalls müsse besser werden. Beim Blick auf die jüngst angefallenen Restmüllmengen könne man aber noch zufrieden sein, stellte Heim fest, denn die Mengen seien 2020 und 2021 in etwa gleichgeblieben. Beim Blick auf die deutschlandweit gestiegenen Zahlen sei das gar nicht schlecht, sagte Heim.
Gleichzeitig sei die Menge des Bioabfalls um rund 500 Tonnen von 7.300 auf 7.800 Tonnen gestiegen. Die flächendeckende Einführung der Biotonne würde die Eigenkompostierer vermutlich mit bis zu 2,50 Euro monatlich belasten, rechnete Heim vor. In der Diskussion wurde auch angeführt, dass eine zusätzliche Tonne viele Haushalte mit Platzproblemen konfrontiere. Am Ende, so eine weitere Wortmeldung, sei die Eigenkompostierung immer noch am wertvollsten.

Einstimmig sprach sich der Ausschuss dafür aus, die bewährte Öffentlichkeitsarbeit der Kommunalen Abfallwirtschaft beizubehalten und weiter zu entwickeln mit Schwerpunkt auf sauberem Bioabfall. Auch digitale und elektronische Medien sollen zunehmend genutzt werden. In der Öffentlichkeitsarbeit sollen weitere Aspekte wie etwa die ordnungsgemäße Entsorgung von Alttextilien – ebenfalls von der ÖDP gefordert – nicht vernachlässigt werden.

Zur Kenntnis nahm der Ausschuss die Aussage von Ruth Heim, dass seit Anfang Februar 2022 auf den Wertstoffhöfen des Landkreises Altspeisefette und Altspeiseöle getrennt gesammelt werden. Die dabei anfallenden Mengen würden laut Heims Einschätzung nicht allzu groß sein, aber nach wie vor hätten Öle und Fette nichts im Abfluss verloren. Der Landkreis arbeitet dabei mit der Firma Refood zusammen, ohne dass dem Kreis dafür Kosten entstehen. Zuvor waren Gespräche mit anderen Altspeisefettverwertern erfolglos verlaufen. Die CSU-Fraktion hätte sich die Zusammenarbeit mit einem anderen Anbieter vorstellen können, die Einführung des neuen Sammelsystems habe sich Heim zufolge aber mit dem CSU-Vorschlag überschnitten. Die Kommunale Abfallwirtschaft will die Bevölkerung nun verstärkt über die Fett- und Öl-Sammlung informieren.

Zustimmend nahm der Ausschuss einen von Kreisrätin Marion Becker (Bündnis 90/Die Grünen) unterschriebenen und von mehreren Fraktionen unterstützten Antrag zur Kenntnis, ein Konzept zu entwickeln, um funktionsfähige Gegenstände unter dem Motto „Weitergeben statt Wegwerfen“ an Interessierte abzugeben. Dass Nutzen statt Wegwerfen wichtig ist, war in allen Fraktionen unstrittig. Der Landkreis selbst kann gebrauchsfähige Gegenstände – Kühlschränke, Waschmaschinen, Elektroherde ... –, die in den Wertstoffhöfen angeliefert werden, aber nicht einfach an Interessierte weitergeben. Das sei Heim zufolge schon deswegen nicht möglich, weil der Landkreis dann auch Garantien auf die Nutzbarkeit geben müsste. Vorstellbar sei aber die Zusammenarbeit mit einem zertifizierten Dienstleister, der die Geräte holt, prüft und weitergibt. Ein solcher Anbieter müsse in einem Vergabeverfahren ermittelt werden. Einig war man sich im Gremium, dass die Weiternutzung niedrigschwellig ohne großen Aufwand für die Verwaltung geleistet werden muss. Die Verwaltung soll nun ein Konzept erstellen, ohne dass zu viele Ressourcen benötigt werden. Am einfachsten sei es laut Heim nach wie vor, funktionstüchtige Gegenstände nicht in die Wertstoffhöfe zu liefern, sondern direkt dorthin, wo sie gebraucht werden. Ruth Heim wies auf die Abfall-App des Landkreises Miltenberg hin, über die solche Gegenstände angeboten werden könnten, auch Reparaturen könnten hierüber organisiert werden. Aus dem Ausschuss wurde ergänzt, dass viele Gebrauchsgegenstände unbürokratisch und einfach mit Digitalangeboten wie Ebay-Kleinanzeigen oder Facebook neue Besitzer finden könnten.

In nichtöffentlicher Sitzung hatte der Ausschuss dem Kreistag empfohlen, den Auftrag für den Betrieb der Kompostieranlage Guggenberg vom 1. Oktober 2022 bis 30. Juni 2028 an die Firma Herhof Kompostierung Beselich GmbH & Co. KG (Solms) zu vergeben. Der Kreistag war dieser Empfehlung gefolgt. Zudem wurden die Müllabfuhrverträge um ein Jahr bis 2024 verlängert. Der Grund hierfür: Für die Neuausschreibung ist ein neunmonatiges EU-weites Ausschreibungsverfahren notwendig, auch muss der neue Vertragspartner für seine Planung den Zuschlag ein Jahr vor Vertragsbeginn bekommen. Somit müsse laut Landrat Jens Marco Scherf das Prozedere bereits im Sommer dieses Jahres beginnen.

Abbruch: Die Sitzung wurde nach vier Tagesordnungspunkten abgebrochen, weil während der Sitzung die Nachricht vom Tod von Kreisbrandrat Meinrad Lebold bekannt wurde. Das Gremium erhob sich zu einer Schweigeminute, ehe die Sitzung auf Wunsch des Gremiums endete.

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