Verwaltung darf notwendige Stellen ausschreiben

Der Kreistag soll die Verwaltung dazu ermächtigen, den Entwurf des Stellenplans 2022 bei der Besetzung neuer Stellen zu berücksichtigen. Diese Empfehlung gab der Kreisausschuss bei drei Gegenstimmen.

Hintergrund: Der Haushalt kann aufgrund personeller Engpässe in der Kämmerei erst im Juli beschlossen werden. Damit die nötigsten Stellen bereits jetzt ausgeschrieben werden können, wurde dieses Vorgehen beschlossen.
Aufgrund eines enormen Berges von Mehrarbeitsstunden, Überstunden und Urlaubstagen in der Verwaltung sei das Landratsamt personell ausgelaugt, erklärte Landrat Jens Marco Scherf. „Was in der Pandemiebewältigung von Landkreis- und Staatsbediensteten geleistet wurde, ist über zwei Jahre hinweg jenseits der Belastungsgrenze“, stellte er fest. „Die Pandemie hat alles herausgepresst, was möglich ist“, fasste Scherf zusammen. Personalchefin Theresa Flegler belegte dies mit eindrücklichen Zahlen: 18.302 Mehrarbeitsstunden auf den Zeitkonten der Kreisbediensteten, 4.868 genehmigte Überstunden sowie 4.112 noch nicht genommene Urlaubstage seien die Bilanz, dazu kommen für die Staatsbediensteten 7.820 Mehrarbeitsstunden, 5.350 Überstunden und 1.110 Urlaubstage aus dem Vorjahr.

Im Stellenplanentwurf sieht Flegler 20 neue Stellen vor, die unter anderem auf Aufgabenmehrungen in mehreren Abteilungen zurückgehen, dazu kommen zusätzliche Stellen für die Jugendsozialarbeit an Schulen, Stellen aufgrund von Umorganisationen im Jugendamt, aber auch neue von den Gremien beschlossene Stellen – etwa für die Steuerung des Wegs zur klimaneutralen Verwaltung und für einen Digitalisierungsmanager. Für den Landkreis bedeutet dies Mehrausgaben von rund 1,1 Millionen Euro pro Jahr. Den Personalzuwachs sahen einige Kreisräte durchaus kritisch, auf der anderen Seite konnte einige Kreisräte keine Stellen benennen, die man hätte streichen können. Landrat Jens Marco Scherf versicherte, dass der Landkreis keine dauerhaften Stellen schaffen werde, wenn dies nicht unbedingt nötig sei. „Wenn Stellen nicht mehr gebraucht werden, werden sie auch wieder abgeschafft“, antwortete er auf Vorwürfe eines Kreisrats und verwies auf die im Zuge des Flüchtlingszuzugs geschaffenen und später abgebauten Stellen. Mit dem jetzigen Vorgehen zeitlich getrennt von der Verabschiedung des Kreishaushalts wolle man die Kreisgremien informieren und Transparenz zeigen, erklärte Kommunaljurist Oliver Feil den „Vorratsbeschluss“. So verliere man keine Zeit bei der Schaffung der wichtigsten Stellen, die man sonst erst in der zweiten Jahreshälfte ausschreiben müsste. Drei Kreisräte wollten den Beschluss nicht mittragen und die Stellenplanung erst mit dem Haushalt im Juli beschließen.

Zu den neu geschaffenen Stellen gehört auch die eines Digitalisierungsmanagers. Sie geht zurück auf einen Antrag der FDP, die laut Kreisrat Frank Zimmermann damit die Umsetzung der Digitalisierung im Landratsamt vorantreiben möchte. Wunsch und Wirklichkeit gingen noch deutlich auseinander, was man gerade in Zeiten der Pandemie deutlich gesehen habe, so Zimmermann. „Nur durch eine planvolle Aufsetzung eines Digitalisierungsprojekts und der Einführung von Digitalisierungsprozessen kann ein hervorragendes Endergebnis erzielt werden“, heißt es im Antrag. Der Landkreis und das Landratsamt wolle man gerne als „Benchmark“ in Bayern sehen, so Zimmermann.

Nicht nur bei Personalchefin Theresa Flegler stieß der Antrag auf Zustimmung. Landrat Jens Marco Scherf bekannt einmütig: „Bei der Digitalisierung hängt die öffentliche Verwaltung insgesamt und auch im Landratsamt zurück“. Digitalisierung sei weit mehr als ein digitales Formular, der gesamte Arbeitsprozess müsse durchdacht und digitalisiert werden, erläuterte Scherf die Komplexität. Es sei bereits Chefsache, sagte er mit Verweis auf eine Steuerungsgruppe unter seiner Leitung und auch die Umsetzung laufe. Was aktuell noch fehle sei die einer Person, die alles im Blick behalte, koordiniere und den gesamten Prozess vorantreibe. Laut Theresa Flegler gebe es mehrere Digitalisierungsprojekte in der „Dringlichkeitsstufe A“ wie beispielsweise die E-Akte, den digitalen Werkzeugkasten, die Online-Terminvereinbarung, die Einführung der FTAPI-Verschlüsselung und das digitale Baugenehmigungsverfahren. Häufig sei das Problem, dass Schnittstellen fehlen, sagte sie, auch sei die Ersatzbeschaffung von Software nicht einfach. Eine koordinierende Stelle würde dem komplexen Transformationsprozess sehr gut tun, so Flegler. Der Ausschuss sprach sich gegen zwei Stimmen für die Stelle aus.

Kreisbaumeister Andreas Wosnik stellte den Weg des Landkreises zur klimaneutralen Verwaltung vor, den man mit der Teilnahme am European Energy Award (EEA) eingeschlagen habe. Dieser Beschluss sei vor dem Hintergrund der gesetzlichen Verpflichtung zur Klimaneutralität und in Folge eines Antrags der CSU-Fraktion „Wie wird die Verwaltung des Landkreises Miltenberg bis 2030 klimaneutral?“ gefasst worden, blickte Wosnik zurück. Dass die Klimaneutralität verfolgt wird, entspreche zum einen dem gesellschaftlichen Auftrag, aber auch den gesetzlichen Vorgaben im Bayerischen Klimaschutzgesetz, in dem die Vorbildfunktion der Behörden und Einrichtungen des Freistaats im Artikel 3 aufgeführt werde, so Wosnik. Der EEA sehe in einem dreijährigen Prozess eine Ist-Analyse, ein darauf basierendes energiepolitisches Arbeitsprogramm, die Umsetzung sowie die abschließende Zertifizierung und Auszeichnung vor. Dieser Prozess werde ständig evaluiert, sagte der Kreisbaumeister. Er betreffe Bereiche wie etwa Raumordnung und Entwicklungsplanung, kommunale Gebäude und Anlagen, Ver- und Entsorgung, Mobilität, interne Organisation sowie Kommunikation und Kooperation. Ein zu bestellender Klimabeauftragter verantwortet die Umsetzung der Maßnahmen und fungiert dabei als Lotse zwischen dem Energieteam im Landratsamt, dem Landrat sowie den politischen Gremien, den Gemeinden, den Mobilitätsbeauftragten, dem Energiemanagement, der Energieagentur Unterfranken, den Energie-Aktiven sowie dem EEA-Berater. Der Freistaat fördere die EEA-Teilnahme mit 89.500 Euro, wusste Wosnik, die Ausschreibung der EEA-Beratung laufe und die Stelle eines Klimalotsen sei im Stellenplan vorgemerkt. Anschließend könne der Regelprozess starten, sagte der Kreisbaumeister. Dazu gehörte die Erstellung eines Arbeitsprogramms, die Zustimmung der Gemeinden, die Akquise von Fördermitteln, die Umsetzung der Projekte sowie am Ende die Zertifizierung. Kritisiert wurde von mehreren Kreisräten das Fehlen eines Leitfadens des Freistaats Bayern zum Erreichen der Klimaneutralität.

Kreisausschuss sagt Ja zur Biosphären-Machbarkeitsstudie
Einstimmig hat der Kreisausschuss am Mittwoch die Teilnahme des Landkreises Miltenberg an einer Machbarkeitsstudie zur Einrichtung eines Biosphärenreservats Spessart beschlossen, auch an dabei anfallenden Sach- und Personalkosten beteiligt sich der Landkreis gemeinsam mit den anderen mitbeteiligten Gebietskörperschaften Landkreis Aschaffenburg, Landkreis Main-Spessart sowie der Stadt Aschaffenburg. Mit der Machbarkeitsstudie ist laut Landrat Scherf eine intensive Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden und Interessengruppen verbunden.

Landrat Jens Marco Scherf verwies auf umfangreiche Gespräche auf verschiedenen Ebenen sowie die Einholung von Informationen bei Fahrten in Biosphärenreservate in den vergangenen anderthalb Jahren. Dabei habe sich der Gedanke einer Machbarkeitsstudie verfestigt, sagte er. Scherf verdeutlichte, dass Grundlage für die Einrichtung eines solchen Reservats eine breite Bürgerbeteiligung sein müsse. „Das Projekt entsteht nicht in Sitzungssälen“, stellte er klar. Es gehe beim Biosphärenreservat nicht um die Abschottung eines Gebiets, sondern vielmehr um das Leben von Menschen im Einklang mit der Natur, wozu auch die traditionellen Wirtschaftsformen wie etwa die Holzwirtschaft zählten. Welche Schwerpunktthemen gewählt würden, müsste im Beteiligungsprozess durch die Menschen festgelegt werden, erklärte der Landrat: „Es ist ein Biosphärenreservat für die Menschen und den Spessart!“
In der Machbarkeitsstudie solle in einem ergebnisoffenen, transparenten Prüf- und Beteiligungsprozess die Frage geklärt werden, ob und wie die Region die Kriterien für eine Antragstellung erfüllen kann und wie die Region die Idee eines Biosphärenreservats bewertet. Dabei gehe es um formale Punkte wie etwa Größe und Zonierung, aber auch um die gesellschaftliche Akzeptanz und um eine Bewertung von Chancen und Risiken für Bereiche wie etwa Landwirtschaft, Jagd und Holzrechte. Untersucht werde das gesamte Gebiet des bayerischen Naturparks, eine mögliche spätere Erweiterung in Richtung Hessen solle mitbetrachtet werden. Am Ende solle die Studie eine Grundlage für die Entscheidung bieten, ob die Region in das Antragsverfahren zur Anerkennung als Biosphärenreservat einsteigt.

Die Koordination und Begleitung des Prozesses müsse während der Studiendauer von einer neu zu schaffenden Vollzeitstelle geleistet werden, sagte Jens Marco Scherf, diese solle am Landratsamt Main-Spessart angesiedelt werden. Unterstützt werde die Stelle von einer internen Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Partner, der Regierung von Unterfranken sowie des Naturparks Spessart. Auch werde ein Begleitgremium eingerichtet, bestehend aus der Arbeitsgruppe und ergänzt um Vertreterinnen und Vertretern der beteiligten Gebietskörperschaften (zwei Landräte, eine Landrätin, der Aschaffenburger Oberbürgermeister, ein Vertreter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie jeweils zwei Vertreter*innen der Bayerischen Gemeindetage) mit insgesamt 21 Personen.

Zu den Kosten: Laut Landrat sei mit 200.000 Euro für die Erstellung zu rechnen, dazu komme eine auf zwei Jahre befristete Vollzeitstelle für die Prozesskoordination. Der Freistaat beteilige sich an den Sach- und Personalkosten mit jeweils 50 Prozent, der Rest werde paritätisch von den kommunalen Partnern getragen. Somit entfallen auf den Landkreis Miltenberg nach aktuellem Stand Sachkosten von rund 25.000 Euro und Personalkosten von etwa 16.000 Euro. Sobald aus den vier Gebietskörperschaften die Beschlüsse vollständig sind, werden zeitnah die Machbarkeitsstudie sowie die Stelle für die Projektkoordination ausgeschrieben.

Grundsätzlich bewerteten alle Fraktionen die Erstellung einer Studie positiv, diskutiert wurde allerdings über die politische Zuständigkeit in den Gremien des Landkreises Miltenberg. Die CSU-Fraktion, unterstützt von der ÖDP, wollte den auch bisher zuständigen Natur- und Umweltausschuss, die Mehrheit sprach sich dafür aus, dass die Fachausschüsse themenbezogen eingebunden werden und übergreifend das Thema im Kreisausschuss behandelt werden soll. Angesichts der zu erwartenden vielfältigen Themen wie Natur, Tourismus, Wirtschaft, Bildung und Digitalisierung erachtete der Landrat jedoch eine ausschließliche Fixierung auf den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt für falsch. Der Kreisausschuss schloss sich dem mehrheitlich an. Nachrichtlich wurde bekannt, dass der Landkreis Miltenberg wie auch das Landratsamt Bedenken gegen ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren des Landratsamts Main-Tauber formuliert haben. Konkret geht es um den Neuaufschluss einer Kieslagerstätte mit Schiffsverladestation am Tremhof sowie die Verlegung der Staatsstraße 2310 auf baden-württembergischer Seite mit Neubau eines Radwegs. Christiane Weber (Kreisbauamt) erläuterte den Sachverhalt und stellte fest, dass aus Gründen des Immissionsschutzes und des Lärmschutzes, der Luftreinhaltung und des Naturschutzes keine rechtlich begründeten Einwände bestehen, solange die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Auch gegen die Verlegung der Staatsstraße gebe es keine Einwendungen.

Betroffen sei allerdings die Gemeinde Dorfprozelten, die auf der gegenüberliegenden Mainseite der neuen Abbau- und Verladestelle konkrete Pläne für eine touristische Nutzung des Mainvorlands als Freizeit- und Erholungsfläche sowie zur Anlage von Wohnmobilstellplätzen habe. Deshalb seien die Auswirkungen von Lärm- und Staub-Immissionen erneut gutachterlich zu prüfen. Der Gemeinderat von Dorfprozelten habe am 8. September 2020 die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes beschlossen, in dessen Rahmen das Mainvorland neu strukturiert werden soll mit Errichtung einer Kneipp-Anlage, eines Wohnmobilstellplatzes sowie eines neuen Wegesystems. Das Projekt der Mainufergestaltung laufe bereits seit 2014, sagte Weber und verwies auf zahlreiche weitere Ideen. Die Gemeinde Dorfprozelten stimme dem Planfeststellungsverfahren nicht zu, da mit dieser Maßnahme der Charakter des Tales nachhaltig und zum Nachteil verändert werde. Insbesondere die betriebsbedingten Schall-, Staub- und Abgasimmissionen würden die geplante Naherholungsfunktion nachhaltig beeinträchtigen. Obwohl die Unterlagen grundsätzlich nachwiesen, dass das Vorhaben aufgrund seiner Entfernung zur bayerischen Landkreisgrenze keine negativen Auswirkungen nach sich ziehen werde, hätten Landkreis und Landratsamt darum gebeten, die von den bayerischen Gemeinden vorgebrachten Bedenken und Anregungen sowie die Planungsabsichten der Gemeinde Dorfprozelten zu berücksichtigen, so Weber. Die Nachbargemeinde Collenberg hatte keine Einwendungen erhoben, die Stadt Stadtprozelten habe an dem ortsnah entstehenden Retentionsraum für ihr zukünftiges Projekt der Ortsumfahrung mit Hochwasserschutz Interesse gezeigt.

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