Bildergalerie und Essay
Nachtschicht zwischen Himmel und Erde nur für Schwindelfreie

An einer von fünf Windkraftanlagen bei Eichenbühl-Heppdiel.
53Bilder

Impressionen vom 11. Juni  2021 gegen 22 Uhr  und am 12. Juni  2021 gegen sieben Uhr
an und auf einer Windkraftanlage
zwischen Eichenbühl-Heppdiel und Miltenberg-Schippach
im Bayerischen Odenwald.

Der Sonnenuntergang ist seit einer guten Stunde passé.
In die rötliche Abenddämmerung schiebt sich graues Gewölk.

Wer jetzt noch unterwegs  ist, den zieht es heimwärts. 

Aber stop!  An einer Windkraftanlage auf der Höhe unweit von Miltenberg tut sich was. Die drei Rotorblätter sind angehalten worden und drehen sich nicht mehr wie ihre Gefährten an den benachbarten vier Windkraftanlagen.

Ein Monteur in einem weißem Schutzanzug fährt in einem Alu-Gehäuse langsam nach oben in Richtung eines Rotorblattes.  Dort hält sein von Stahllseilen gezogenes Gefährt an. 

Der Juni-Wind bläst etwas heftiger und der Nachtschicht-Arbeiter wird bald die Plastikplanen-Jalousien nach allen Seiten schließen. So kann er ungestörter arbeiten.

Zentimeter für Zentimeter tastet er scannerartig die Bespannung ab und sichtet sie nach möglichen Rissen in der Rotoren-Haut. 

Schäden gibt es und die müssen ausgebessert werden. Pralle Plastik-Müllsäcke am Boden verraten die immense Arbeit und das angefallenene Verschleiß-Material.

Das Wetter ist günstig: es regnet nicht. Der Wind hält sich jetzt in Grenzen.

Der Nachtschicht-Monteur kommt zügig voran.

Er bessert aus.
Er klebt die Risse beidseitig.
Er betätigt den "Aufzug" himmelwärts.

Am nächsten Morgen, es ist ein Samstag, ist die Arbeit an diesem Rotorenflügel abgeschlossen.

Die zwei anderen Flügel sind wohl Anfang der nächsten Woche dran - wenn die Rahmenbedingungen passen.

Vorerst gibt es für den Arbeiter zwischen Himmel und Erde einen Zwischenstopp
zum Ausruhen, Schlafen und Kräftetanken - auf festem Fundament und zu ebener Erde.

Wissenswertes zu den Rotorblättern:

Heutige Windkraftanlagen verfügen fast ausnahmslos über drei Rotorblätter.

Diese sind elementarer und prägender Bestandteil einer Windkraftanlage.

Mit ihnen wird der Strömung Energie entnommen und dem Generator zugeführt.

Sie sind für einen wesentlichen Teil der Betriebsgeräusche verantwortlich und werden daher nicht nur auf einen hohen Wirkungsgrad, sondern insbesondere nahe den Blattspitzen auch auf Geräuschminderung hin optimiert

Die maximale Blattlänge aktueller Windkraftanlagen liegt Stand 2013 bei rund 65 Metern im Onshore- und 85 Metern im Offshore-Bereich.

Das Gewicht solcher Blätter beträgt etwa 25 Tonnen.

Zum einfacheren Transport kommen zunehmend sog. Rotorblattadapter zum Einsatz, mit denen die Flügel beim Passieren enger Straßen oder der Passage durch unwegsames Gelände auf dem letzten Transportabschnitt nach oben geschwenkt werden können.

Rotorblätter bestehen in der Regel aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) und werden zumeist in Halbschalen-Sandwichbauweise mit Versteifungsholmen oder -stegen im Inneren hergestellt.

Vermehrt kommen bei langen Rotorblättern Kohlenstofffasern zum Einsatz, vor allem bei hohen Belastungen ausgesetzten Starkwind- und Offshore-Anlagen, aber ebenfalls bei Schwachwindanlagen mit großen Rotordurchmessern.

Die Kräfte in Längsrichtung werden von Gurten aus Glas- oder Kohlenstofffasern aufgenommen. Diese Gurte bestehen entweder aus Endlosfasern, sogenannten Rovings, oder Gelegen.

Da Blitzeinschläge an großen Windkraftanlagen nicht zu vermeiden sind, sind die Rotorblätter mit einem Blitzschutzsystem ausgestattet.

In der Nähe der Blattspitze befinden sich an der Oberfläche des Rotorblatts ein oder mehrere Punkte aus Metall (die sog. Rezeptoren). An diesen schlagen Blitze bevorzugt ein.

Alternativ werden Blattspitzen aus Aluminium verwendet. Von dort aus werden die Ströme über im Blatt integrierte metallische Leiter über Gondel und Turm in den Boden abgeleitet, wobei die Überbrückung von Lagern (Blattlager, Rotorhauptlager, Turmkopflager) durch Funkenstrecken oder Schleifringe realisiert wird.

Statistisch wird eine Windkraftanlage alle zehn Jahre von einem Blitz getroffen, in exponierten Mittelgebirgen deutlich häufiger.

Mit einer leichten Sichelform im äußeren Bereich der Rotorblätter weichen in Böen die Blattspitzen nach Lee aus.

Die damit einhergehende Verwindung der Blätter mindert den Anströmwinkel und damit die Windlast. Entsprechend kann Material gespart werden.

Zudem lassen sich Rotorblätter mit Turbulatoren wie Vortex-Generatoren und Zackenbändern ausrüsten.

Ein relativ neuer Trend in der Formgebung von Rotorflügeln sind Tuberkel auf der Oberfläche und Kämme an der Flügelhinterkante. Diese Maßnahmen ermöglichen sowohl eine Ertragssteigerung um wenige Prozent als auch eine Geräuschreduktion im Betrieb.

Ein mögliches Phänomen an den Blättern ist Eisbildung. Sie mindert den Wirkungsgrad, da sie die Form und damit das aerodynamische Profil der Blätter verändert.

Auch Unwucht des Rotors kann eine Folge sein.

Herabfallende oder durch die Drehbewegung weggeschleuderte Eisbrocken stellen eine Gefahr unterhalb der Rotorblätter und in der näheren Umgebung dar.

Als Sicherheitsabstand wird daher die 1,5-fache Summe aus Turmhöhe und Rotordurchmesser empfohlen.

Die Anlagen schalten sich bei Eisansatz automatisch ab, der in der Regel durch eine Änderung der intern aufgezeichneten Leistungskurve (Leistung und Wind passen wegen schlechterer Aerodynamik nicht mehr zusammen) und durch Beobachtung der Temperatur oder Unwucht am Rotor ermittelt wird.

Die Rotorblätter einiger Firmen können mit einem Rotorblattenteisungssystem ausgerüstet werden.[

Dieses soll Eisansatz an Blättern vermindern beziehungsweise das Abtauen beschleunigen. Die Heizung hat eine Leistung im ein- bis zweistelligen Kilowattbereich pro Rotorblatt, was jedoch wenig ist gegenüber der eingespeisten Leistung (mehrere hundert bis einige tausend Kilowatt).

Bei einigen Anlagen wird zur Blattheizung die Abluft aus der Gondel (dem Generatorhaus auf dem Turm) durch die Rotorblätter gepumpt, so dass die Abwärme von Generator und Stromwandler genutzt wird.

Eisabbruch wurde schon mehrfach dokumentiert, jedoch keine Personen- oder Sachschäden, da er wegen der verschlechterten Aerodynamik nur bei geringer Drehzahl oder im Trudelbetrieb nach Eisabschaltung auftritt.

- Weitere Bilder und Informationen folgen!

Autor:

Roland Schönmüller aus Miltenberg

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