Wendelinustag in Mömlingen

Mömlingen. Mit einer Prozession und einem Festgottesdienst beging die Pfarrei Mömlingen traditionell den Feiertag des Ortspatrons Wendelin. An der Wendelinuskapelle begrüßte Pfarrvikar Mariusz Kowalski den Nachbarpfarrer Josef Schachner aus Neustadt und stellte den Festprediger Pater Karl Kern SJ aus München, einen gebürtigen Obernburger vor. In einer Prozession zogen die Gläubigen von der Kapelle in die Pfarrkirche.

Nicht Heilige imitieren, sondern eigenen Lebensweg gehen

Pater Kern sagte in seiner Einführung beim Gottesdienst: Ich freue mich, dass ich als Nachbar mit Euch diese Messe feiern kann. Das althochdeutsche Wort für Wendelin heißt Wanderer, Pilger. Heilige sind Menschen, die den Lebensweg als Glaubensweg uns vorausgegangen sind. Heiligenverehrung heißt nicht, dass wir die Heiligen imitieren müssen, ganz im Gegenteil. Die Heiligen inspirieren uns, dass jeder seinen Lebensweg sucht, findet und geht, auch wenn dieser Lebensweg Umwege und Abwege kennt.
In seiner Predigt zeigte Pater Kern auf, wie der Hl. Wendelin mit seinem Leben uns heute als Vorbild dienen könnte:
In den Gräbern von ägyptischen Pharaonen fand man als Grabbeigaben u. a. Weizenkörner. Und 4000 Jahre später machte man den Versuch, setzte die Weizenkörner in die Erde ein und siehe da: es wuchs etwas - Halm, Ähre, Frucht. Das ist ein wunderbares Symbol für unseren Glauben. Unser Glaube ist etwas Uraltes. Aber dieser Glaube muss in unseren Lebensboden, in unser Leben und in unsere Zeit eingepflanzt werden um seine Wirkung zu entfalten. Als totes Weizenkorn nützt er nichts. Die Heiligen sind Menschen, die im Laufe der Geschichte in ihr Leben diese Urkraft des Weizenkorns eingepflanzt haben. Und so zeigt sich, dass unser Glaube durch die Geschichte wandert.

Dass in der agrarischen Gesellschaft des Mittelalters ein Hirt wie Wendelin, der auf den Feldern und im Wald lebt, der auch eine Kraft ausstrahlt für die Herde, als Patron der Felder, der Wiesen, der Tiere und der Herden verehrt wurde, ist verständlich. Man fühlte sich von der Natur bedroht und da brauchte es mächtige Schutzpatrone. Seit der Neuzeit, dem Siegeszug der Naturwissenschaften, glaubt der moderne Mensch, die Natur beherrschen und mathematisch berechnen zu können. Aber trotzdem, oder gerade deshalb stecken wir heute in ganz anderen Problemen: Klimawandel, unwürdige Art der Tierhaltung, Artensterben, Rückgang der Regenwälder, das ganze aus den Fugen geratene ökologische Gleichgewicht. Das sind die Herausforderungen unserer Zeit.

Wendelin - ein Vorbild für den Umgang mit der Schöpfung

Ein Wendelin heute würde uns erinnern: ihr seid nicht in dem Sinne die Herren der Schöpfung, dass ihr mit ihr alles machen könnt. Ihr seid eingesetzt von Gott als Hirten, als Bewahrer der Schöpfung. Als Menschen, die einen wunderbaren Garten, den euch Gott gegeben hat, bebauen, hegen und pflegen sollen und das alles in enger Fühlungnahme mit der Natur und im Wissen, dass Tiere Wesen sind, die etwas empfinden. Das alles nur vom Verstand her zu regeln oder zu beherrschen ist eine völlige Sackgasse, die in den Abgrund führt. Wendelin hat sich für das Einsiedlerleben entschieden. Und auch darin steckt ein Impuls für unsere Zeit. Was macht die Faszination eines Einsiedlers aus? Er lebt wirklich restlos radikal einsam, ganz auf Gott zu. Fragen wir uns: von was sind wir erfüllt? Viele sagen heute: „Wir sind getrieben. Schon die Kinder haben einen Termin nach dem anderen, wir kommen kaum mehr zusammen. In unserem Inneren ist so viel Lärm, wir sind von Reizen, von Informationen überflutet“. Deshalb haben viele heute eine große Sehnsucht: wenn es doch einmal so wirklich Stille wäre. Wenn wir doch wirklich einmal wieder zu uns kämen. Wenn wir diesen tiefen Punkt der Ruhe und des Schweigens erreichen könnten. Davon leben heute ganze Wellness-Hotels. Aber es ist eine enorme religiöse Wahrheit, an diesen Punkt vorzudringen. Wenn Sie so wollen: Wendelin lehrt uns, dass jeder und jede von uns ein kleiner Einsiedler, eine kleine Einsiedlerin sein muss, um heute in unserer reizüberfluteten Welt glauben zu können. Also auch ein neues Bedürfnis gerade unserer Zeit, für das Sankt Wendelin stehen könnte. Schweigen ist mehr als Ruhe. Schweigen heißt: mich loslassen. Nur einen einzigen Augenblick verzichten, nur einen Augenblick DU sagen und Gott da sein lassen. Nur einen Augenblick sich lieben lassen. Ohne Vorbehalt, ohne Zögern, bedingungslos und ohne auszuschließen, dass ich nachher brenne. Das ist Schweigen vor Gott. Dann ist im Schweigen Stille, Reden, Handeln, Hoffen und Lieben zugleich. Dann ist Schweigen Empfang.
Der Hl. Thomas Morus, Lordkanzler von England und Märtyrer hat einmal gesagt: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“. Lassen wir uns vom Hl. Wendelin für unsere Zeit heute diese Flamme weitergeben. Dass wir in ein neues Verhältnis zur Natur, der Schöpfung kommen und dass wir neu das Schweigen vor Gott lernen. Diese Flamme würde auch heute zünden.
Der Pfarrvikar dankte allen, die zum Gelingen der Prozession beigetragen und die den Gottesdienst mitgefeiert hatten, besonders auch den Kommunionkindern. Er dankte auch Pfarrer Schachner und besonders Pater Kern für seine „bewegende“ Predigt, für die sich die Gläubigen mit einem herzlichen Applaus bedankten. Er hoffe, dass die Worte des Evangeliums und der Predigt in unseren Herzen einen Platz finden und mit den Gaben des Hl. Geistes gute und schöne Früchte bringen.

Autor:

Friedrich Frank aus Mömlingen

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