Kriegs- und Pandemiefolgen für Kinder und Jugendliche Thema in Jugendhilfeausschuss

Mosbach-Lohrbach. Wie sich der russische Angriffskrieg und die Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche im Neckar-Odenwald-Kreis auswirken, erfuhren die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses bei einer Sitzung in der Odenwaldhalle in Lohrbach. „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass der Angriff auf die Ukraine nicht nur den Menschen dort gilt. Er gilt vielmehr auch uns und unserer Lebensweise in Europa“, führte Landrat Dr. Achim Brötel in die Sitzung ein. Aktuell gebe es im Grunde keinen Bereich mehr, der von den Kriegsfolgen verschont geblieben wäre: „Wir wollen deshalb heute einen speziellen Blick auf die Jugendhilfe richten“, so Brötel.

Jugendamtsleiter Peter Roos skizzierte dann die angespannte Lage im Jugendamt direkt nach Kriegsbeginn. Man habe sofort Gespräche mit Trägern begonnen, leider aber die Rückmeldung erhalten, dass aufgrund von Fachkräftemangel dort keine neuen Kapazitäten aufgebaut werden konnten. „Deshalb haben wir Pflege- oder Gastfamilien gesucht. Inzwischen stehen 24 Familien in den Startlöchern, um ukrainische Kinder bei Bedarf aufzunehmen.“ Tatsächlich gekommen seien bisher aber glücklicherweise in der Regel Frauen mit ihren Kindern, die oft privat untergekommen sind. „Meist waren die Sorgerechtsverhältnisse durch entsprechende Unterlagen nachweisbar. Es gab so gut wie keine fehlenden Papiere“, unterstrich Roos.

Mittlerweile verschiebe sich die Problematik auf die Versorgung der Kinder in Kindertageseinrichtungen und Schule. Hier entstünden in bereits angespannten Bereichen noch höhere Belastungen. So werde es nach Einschätzung von Roos kaum möglich sein, alle schulpflichtigen Kinder zu beschulen. Und auch im Vorschulbereich reichen die Kapazitäten oft nicht aus. „Viele werden über das gut funktionierende Videounterrichtssystem aus der Ukraine versorgt, was auch im Interesse des ukrainischen Staates ist“, machte der Jugendamtsleiter deutlich. Abschließend wies Roos auf hin, dass, unabhängig von der Situation der ukrainischen Flüchtlinge, sich derzeit zwölf unbegleitete minderjährige Ausländer in der Zuständigkeit des Kreises befänden: „Wir stehen in einem großen Unterbringungsdruck, da die Kapazitäten ausgereizt sind.“

Landrat Dr. Brötel erklärte, man sei im Bereich der Jugendhilfe bestens gewappnet. Es sei aber nicht auszuschließen, dass die eigentlichen Herausforderungen noch kämen. Kreisrat Jens Wittmann (CDU) lobte das große Engagement in der Bevölkerung. Unverständnis zeigte er über bürokratische Hürden, unter anderem auch bei der kurzfristigen Schaffung von mehr Plätzen für ukrainische Kinder in Kindertageseinrichtungen. Ausschussmitglied Guido Zilling (Diakonisches Werk) wies in diesem Zusammenhang auf die Problematik des Fachkräftemangels hin.

Nachdem der Ausschuss zuletzt im Oktober über coronabedingte Auswirkungen in der Jugendhilfe informiert worden war, erhielten die Ausschussmitglieder anschließend Informationen über die Entwicklung und Veränderung der verschiedenen Hilfearten. „Das ist schon deshalb umso wichtiger, weil entgegen der landläufigen Meinung ein Ende der Pandemie eben doch noch nicht in Sicht ist. Im Gegenteil: Aktuell steigen die Infektionszahlen ja sogar wieder in einem durchaus bedenklichen Maße an“, sagte Landrat Dr. Brötel.

Jugendamtsleiter Roos zeigte dem Gremium dann auch hier Veränderungen auf, auch wenn man aufgrund des begrenzten Zeitraums immer ebenso andere Faktoren berücksichtigen müsse. Festzustellen sei aber tendenziell einer Zunahme der Umgangsstreitigkeiten „Eltern nutzten teilweise die Pandemie, um ihre Streitigkeiten weiter zu befeuern.“ Auch könne man aus den Zahlen insgesamt erhöhte Bedarfe bei Jugendlichen feststellen. Auf die stationären Hilfen habe sich die Pandemie glücklicherweise bisher nicht ausgewirkt. Anders als oft befürchtet, könne man auch glücklicherweise bei den Kindeswohlgefährdungen keine Zunahme in der Coronazeit feststellen, betonte Roos. Sehr wohl aufwendiger sei aber die Kinderschutzarbeit insgesamt gewesen. „Viele Kolleginnen und Kollegen waren in den ersten Wellen sehr mutig, um in die Familien zu gehen und das Kindeswohl sicherzustellen“, erinnerte Roos, der seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Einsatz dankte. Wie in vielen Bereichen habe die Pandemie dort, wo die Verhältnisse ohnehin schwierig sind, die Situation weiterhin verschlechtert: „Besonders Kinder, die in ungünstigen Verhältnissen leben, wurden zusätzlich belastet.“

Einen Einblick, wie man Verhältnisse in Familien ganz konkret verbessern kann, erhielten die Kreisrätinnen und Kreisräte dann bei der Vorstellung des Projektes „Steep“, einem videogestützten Hilfeprogramm für Schwangere und Familien mit kleinen Kindern in Krisen- oder Belastungssituationen. „Es geht uns heute jedoch nicht nur um die inhaltlichen Aspekte, sondern auch um die nachhaltige Finanzierung dieses aus unserer Sicht sehr wertvollen Angebots“, ordnete Landrat Brötel ein. Bisher seien die laufenden Kosten insbesondere über Spenden des Lionsclubs Madonnenland und private Zuwendungen der Familie Pfannenschwarz gedeckt worden. „Das ist ein wirklich sehr bemerkenswertes gesellschaftliches Engagement“, so Brötel. Insgesamt 17 Steep-Beraterinnen habe man ausbilden können.

Melanie Arnold, Leiterin der Beratungsstelle für Kinderschutz beim Landratsamt, stellte das Konzept und den aktuellen Projektstand vor. So folge man dem Ansatz „Steep Complete“, der sich aus Hausbesuchen mit Videoberatung, Gruppentreffen und Familienaktionen zusammensetzt. „Vieles war natürlich während der Pandemie nicht möglich, kommt jetzt glücklicherweise aber wieder in die Anwendung“, sagte Arnold. Die Zielgruppe des Programms seien insbesondere Eltern aus dysfunktionalen Familiensystemen, psychosozial hochbelastete Familien und sehr junge Eltern: „Wir fördern mit Steep eine sichere häusliche Umgebung und sorgen für bessere Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder.“ Die Arbeit sei anspruchsvoll, so Arnold, und genau deshalb bedarf es einer guten Ausbildung. Die Rückmeldungen der betreuten Familien, zeigten aber, dass sich das Projekt lohne. Mit einigen Zitaten unterstrich sie dies. Entsprechend beeindruckt zeigten sich die Ausschussmitglieder und unterstützen den Vorschlag der Verwaltung, Haushaltmittel in Höhe von 7.000 Euro ab dem Haushaltsjahr 2023 bereitzustellen.

Für die Bereitstellung der Sitzungsräumlichkeiten dankte der Landrat schließlich Lohrbachs Ortsvorsteher Kreisrat Norbert Schneider, der zu Beginn die Ausschussmitglieder begrüßt hatte.

Autor:

Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis aus Neckar-Odenwald-Kreis

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