Arganöl - Uraltes Öl neu entdeckt

Berberfrauen und die Argannüsse

Ortstermin: Hoher Atlas in Marokko, die Stadt Chtouka-Aït Baha: Hier wachsen Kakteen, Feigenbäume und Dattelpalmen entlang staubiger Gassen, wo jeder Schritt Wüstenstaub vom Erdboden aufwirbelt. Streunende Hunde und dürre Ziegen laufen umher, Berber tragen die charakteristischen hellbraunen Kapuzenmäntel - rauchend sitzen die Männer vor ihren fensterlosen Wohnburgen aus gestampftem Lehm. Aus dieser Gegend kommt das Arganöl? Der Weg führt weiter zu einem dunklen Tunnel, dann eine ausgetretene Treppe hoch und wieder weiter durch einen schiefen Torbogen: Ist man hier im Mittelalter?

Hier sitzen braunhäutige Berberinnen in einem Kreis auf einem fadenscheinigen Wollteppich. Das Thermometer zeigt 41 Grad Celsius – Schweißperlen sind auf den Gesichtern der arbeitenden Frauen.

In Europas Beautytempeln wurden Cremes mit Arganöl zum Must Have und in den feinen Restaurants ahnen die Genießer rein gar nichts von der großen Mühe, die hinter den wunderbaren Gerichten auf ihren Tischen stecken: Jakobsmuscheln mit einer Argan-Vinaigrette, Hummerschwänze oder mit einem Hauch Arganöl parfümiert …

Argan ist das uralte Öl der Beduinen. Jetzt hat es auch uns erreicht. Lieferanten sind die steinharten Früchte von Bäumen, die heute unter dem Schutz der UNESCO stehen. Arganöl gilt bei Köchen als tröpfchengroße Wunderdroge und jenseits der Küchen als Kosmetikhighlight per excellence. Seine Herstellung ist sehr beschwerlich und seine Geschichte reicht wohl 65 Millionen Jahre zurück.

Die „Gabe Gottes“

Für marokkanische Berber ist der Arganbaum eine Gabe Gottes. In den Monaten Juni, Juli und August werden die Früchte reif, die wie eine klein geratene rot-gelbe Pflaume aussehen. Mit ihrer Ernte wartet man allerdings, bis sie von selbst vom Baum fallen. Erst dann kann das kostbare Arganöl gewonnen werden.
Die Früchte des Arganbaums sind harte Nüsse, die in den marokkanischen Dorfgemeinschaften mühsam per Hand aufgeknackt werden. Diese Arbeit ist traditionell eine reine Frauensache - und die Frauen verwenden handtellergroße Steine, um die Schalen aufzuschlagen. Dabei sind die Schalen der Argannüsse etwa zehnmal so hart wie die Schale von Haselnüssen.

Als Ergebnis der mühevollen Kleinarbeit ernten die Frauen etwa ein Kilo elfenbeinfarbene Mandeln, die jede für sich dagegen so winzig klein wie der Fingernagel eines kleinen Fingers ist. Die kleinen Mandeln werden geröstet und per Hand anschließend in Steinmühlen fein zermahlen. Es entsteht eine Art Mandelcreme, die schonend geknetet wird, bis das Arganöl aus der Masse herauszutropfen beginnt.

Von Plantagen werden die Nüsse auch maschinell geerntet, denn die Nachfrage nach Arganöl steigt ständig. Die technisierte Weiterverarbeitung erfolgt in den marokkanischen Metropolen Casablanca und Agadir.

Um einen Liter Arganöl gewinnen zu können, werden zwischen fünf und acht Kilo Mandeln benötigt. Also werden etwa 30 Kilogramm Früchte verarbeitet, um einen Liter des goldgelben Öls zu erhalten – und das ist die komplette Ernte von sechs bis acht Arganbäumen. Seinen vollen, nussigen Geschmack erhält das wertvolle Öl durch die Röstung der Kerne vor der Pressung. Das vergleichsweise teure Delikatessöl beinhaltet im direkten Vergleich zu Rapsöl, Olivenöl oder zu Mandelöl wertvolle Linol- und Fettsäuren in höchster Konzentration. Es ist reich an Vitamin E, an Antioxidantien und es gilt als effektiver Cholesterinsenker. In Kosmetikprodukten pflegt und regenerier es die Haut. Dabei hat Arganöl eine lange Geschichte.

Der Baum mit Geschichte

Vor etwa 65 Millionen Jahre schlug ein Asteroid auf unserer Erde ein und löste eine Naturkatastrophe unbeschreiblichen Ausmaßes aus. Dem Einschlag fielen neben den Dinosauriern und zahlreichen anderen Tierarten auch viele Pflanzen der damaligen Zeit zum Opfer. Verschont blieben allerdings einige Landstriche, deren Pflanzenwelt dem großen Sterben am Ende der Kreidezeit entgangen war. Fossile Abdrücke von meterhohen Farnen, Wurzeln und Baumstämmen berichten aus der Erdgeschichte vor 65 Millionen Jahren. Dazu gehören beispielsweise bereits die Buchenbestände, wie sie für Mittel- und Westeuropa bis heute charakteristisch sind – und auch Arganien – vergleichsweise skurril anmutende Bäume – sind von Naturforschern nachgewiesen worden. Ihre Kronen hatten Durchmesser von bis zu 14 Metern und ihre Wurzeln können bis zu 30 Meter tief ins Erdreich hinein gehen. Damit sind Arganbäume wesentlich älter als die Geschichte der Menschheit.

Die Arganbäume bedeckten einst große Flächen Nordafrikas und Südeuropas. Vor etwa 25 Millionen Jahren siedelte sich der Arganbaum in trockenen Wüstenregionen an. Heute ist die Arganie nur noch auf den Steppenböden im Hohen Atlas und im Südwesten Marokkos anzutreffen. Im Schatten der Bäume gedeihen viele verschiedene Pflanzenarten wie Getreide, Thymian, Disteln und verschiedene Gräser. Vor Tierfraß schützen den Baum bis heute lange Dornen – nichtsdestotrotz lernten die weidenden Ziegen, auf den Baum herauf zu klettern, um Früchte und Blätter zu fressen.

Der Baumbestand an Argania spinosa zählt heute nur noch 21 Millionen Exemplare – deshalb erklärte die UNESCO im Jahr 1995 etwa 8 000 Quadratkilometer Arganienbestand in der südwest-marokkanischen Region Souss-Massa-Draa zu einem geschützten Biosphärenreservat. Biologen vermuten, dass der Baum ausschließlich die besondere Kombination aus Bodenklima, Wüsteneinflüssen und Atlantikklima zum Leben benötigt, zumal Ansiedlungsversuche an anderen Standorten fehlschlugen.

Auch die manuelle Herstellung und der Handel mit Arganöl reichen weit in der Geschichte zurück. Bereits im Verlauf des 7. Jahrhunderts vor Christus hatten die Phönizier bereits regen Handel mit der marokkanischen Hafenstadt Essaouira an der marokkanischen Atlantikküste betrieben - vor Essaouira lag die phönezianische Islas Purpurinas – ein Außenposten der damaligen antiken Welt. Hierher kamen Amphoren mit dem flüssigen Gold, dem Arganöl.

Autor:

Mareike Senger aus Altheim

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