„Alle Vögel sind schon da, fast alle!

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Unsere faszinierende Vogelwelt bedarf auch in Zukunft unseres Schutzes

Vögel - Von ihnen geht zweifelsohne eine besondere Faszination aus. Warum?

Vielleicht liegt es an der Schönheit und an der Vielfalt der Vögel. Sicherlich ist es auch ihre Lebensweise und die Anpassung an die Umwelt, ebenso ihre Wechselbeziehung zur Natur und zu uns Menschen.

Vögel zu beobachten, betonen Fachleute, sei etwas Erhabenes, eine „liebenswerte Wissenschaft“ („scientia amabilis“ – wie die Lateiner sagen), vielleicht die schönste aller Wissenschaften.

Unzählige Vogelbeobachter, Laien und Experten, gehen diesem Hobby nach. Dazu gehört der 54-jährige Wolfgang Neuberger aus Miltenberg, seines Zeichens stellvertretender LBV-Kreisgruppenvorsitzender. Er erlebt dabei Freude und Entspannung, sieht aber auch Anlass zur Sorge.

Denn: Immer mehr Vogelarten und sogar ganze Artengruppen werden seltener und drohen auszusterben. Vogelschutz ist deshalb eine Herausforderung für die Naturschützer und alle an der Erhaltung der Natur Interessierten.

Wenn Vögel aus der Landschaft verschwinden, ist dies ein Alarmsignal. Denn Vögel sind hervorragende Indikatoren für Umweltveränderungen. Heute lassen uns Vögel die negativen Folgen von Klimawandel oder der industrialisierten Landwirtschaft erkennen.

Vogelschutz ist daher viel mehr als Winterfütterung und Nistkastenbau. Vorrangig geht es um den Schutz der Lebensräume und der Lebensbedingungen – also um den Erhalt einer gesunden und lebenswerten Umwelt. Vogelschutz ist damit auch Schutz des Menschen und unserer eigenen Lebensqualität.

Vogelschutz in Deutschland

„Die Vogelwelt und ihr Schutz – das interessiert viele, schon im im Kindergarten. Es beginnt mit dem Wunsch, beobachtete Vögel zu bestimmen“, berichtet der Miltenberger Hobby-Ornithologe Wolfgang Neuberger. Gerne ist er mit Gruppen auf Vogel-Exkursionen unterwegs, bevorzugt zwischen Miltenberg-Nord und Großheubach, unterhalb des Klosters Engelberg.

Anderswo finden Winterfütterungen statt oder im Werkunterricht hergestellte Nistkästen werden aufgestellt. Kampagnen wie der „Vogel des Jahres“ finden bundesweites Echo in den Medien.

Schützenswerte Brutvögel Deutschlands

Rote Listen geben Auskunft über den Gefährdungsgrad einzelner Arten (auch Biotope) und damit über den Zustand der biologischen Vielfalt.

Gegenwärtig stehen 110 regelmäßig in Deutschland brütende Vogelarten auf der roten Liste.

Jede achte Brutvogelart befindet sich in der höchsten Gefährdungskategorie. Die Zahl dieser in Deutschland „vom Aussterben bedrohten“ Vögel hat mit 30 Arten einen neuen Höchststand erreicht, zum Beispiel die Feldlerche oder der Grauspecht.

Weitere 21 Arten stehen auf einer Vorwarnliste, zum Beispiel der Haussperling, der Wiesenpieper sowie die Rauch- und die Mehlschwalbe.

Aktuell können damit nur noch 129 Vogelarten als ungefährdet gelten. Dies entspricht der Hälfte der heimischen Brutvogelarten.

Situation der Vogelwelt in Deutschland

Deutschland ist der Lebensraum für eine imposante, artenreiche Vogelwelt. Hier gibt es vielfältige Brutvogelarten, Durchzügler im Frühjahr und Herbst sowie Wintergäste aus nördlichen Regionen. Ein Netz von Schutzgebieten bietet vor allem den bestandsbedrohten Arten wichtige Rückzugsräume für die Zukunft trotz einer zunehmend intensiv genutzten Kulturlandschaft.

Schutz des Lebensraums

Vögel gelten als die am besten untersuchte Tiergruppe überhaupt – nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit. Sie sind hervorragende Bio-Indikatoren, die auf Veränderungen in der Umwelt empfindlich und oft recht schnell reagieren.

Ursachen des Vogelarten-Schwunds in der Agrarlandschaft liegen größtenteils in der fortschreitenden Intensivierung der Landwirtschaft.

Gefordert werden u.a. wieder mehr Grünland, weniger Äcker und Aufforstungen, ein extensives Beweidungssystem mit Schafen, neue ökologische Vorrangflächen (wie Blühstreifen, Hecken, Feldlerchenfenster, Streuobstwiesen), stehengelassene Stoppelfelder und eine stärkere Förderung des Ökolandbaus.

Vögel und Vogelschutz in Städten und Dörfern

Wanderfalken am Kirchturm, Schleiereilen in Scheunen, Mauersegler und Spatzen unter übrigen Dächern , Stare und Meisen im Nistkasten am Haus und die im Volksmund glückbringende Mehlschwalbe an der Hauswand – immer schon waren die Stadt oder das Dorf Lebensraum für viele Vogelarten.

Dennoch erlebten Vogelarten des Siedlungsbereiches in den letzten 15 Jahren teilweise deutliche Bestandseinbußen wie Haussperling, Mauersegler, Mehlschwalbe – allesamt Vögel, die auf naturnahe Flächen und bäuerliche Strukturen in Dörfern und Ortsrandlagen angewiesen waren, darunter auch die Rauchschwalbe.

Mit der fortschreitenden Aufgabe kleinbäuerlicher Kleinbetriebe und ihrer traditionellen Viehhaltung verschwindet diese Art zusehends aus unserer Landschaft. In den Städten wiederum hat sich das Nistplatzangebot durch Gebäudesanierungen und die Überbauung von Brachflächen insgesamt verschlechtert.

Zu den Gewinnern in Dörfern und Städten gehören dagegen Vögel, die Gärten, Grünflächen und Parks besiedeln. Die meisten von ihnen sind ursprüngliche Waldbewohner wie Rotkehlchen, Amsel, Mönchsgrasmücke, Buntspecht und Zaunkönig.

Aber auch Raben- und Nebelkrähen sowie Elstern sind heute in Siedlungsbereichen häufiger anzutreffen. Hier finden sie meist ein reiches Nahrungsangebot, sind vor jagdlicher Verfolgung geschützt und profitieren überdies vom milderen Stadtklima.

In Ortschaften und in ihrem Umfeld bieten sich zahlreiche Schutzmöglichkeiten an, um die Artenvielfalt in der Vogelwelt zu fördern. Beispiele hierfür wären die Erhaltung von Altbaumbeständen, die Verringerung der Bodenversiegelung (für den Schwalbenschutz), mehr Freiflächen zur Verbesserung der Nahrungsgrundlage und weniger Glasfassaden als gläserne Todesfallen.

„Natur stirbt früher in den Köpfen als draußen“

Naturschutz-Arbeit mit der Vermittlung ökologischer und ornithologischer Fachkenntnisse ist in den verschiedenen Ebenen unseres Bildungssystems auch zukünftig unerlässlich. Schon in Kindertagesstätten ist der heimischen Vogelwelt besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Auch für Schüler und Jugendliche können zeitliche und überschaubare Vogelschutz-Projekte mit Exkursionen und Wettbewerben attraktive und sinnvolle Angebote zur Freizeit- und Umweltgestaltung sein.

Denn dann wird man auch der positiven Bedeutung einer Wechselwirkung zwischen Vogel und Mensch gerecht, die August Heinrich Hoffmann von Fallersleben in der dritten Strophe seines Liedes „Alle Vögel sind schon da“ wunderbar beschrieben hat: „Was sie uns verkünden nun, / nehmen wir zu Herzen./ Wir auch wollen lustig sein, /lustig wie die Vögelein,/ hier und dort, feldaus, feldein, / singen, springen, scherzen.“

Räuber auf Samtpfoten: Katzen

Kleine unerfahrene Vögel, die noch nicht richtig fliegen können, sind natürlich leichte Beute für Räuber. Dazu gehören Hauskatzen, für die im Frühjahr der Tisch reich gedeckt ist.

Hier sind in erster Linie die Katzenbesitzer gefordert, auf ihre vierbeinigen Mitbewohner ein Auge zu werfen. Während der Brutzeit sollten Katzen am besten drinnen bleiben oder möglichst nur unter Aufsicht draußen sein.

Wenn ein Stubentiger einen Vogel erwischt, sind alle Rettungsmaßnahmen sprichwörtlich für die Katz. Meist sind es nicht die Verletzungen an sich, sondern die damit verbundenen Infektionen, die den Vogel nach kurzer Zeit den Vogel verenden lassen.

2014 war fast jeder zehnte abgegebene Vogel ein Katzenopfer. Das muss nicht sein! Zumal die Tiere meist nicht aus Hunger jagen, sondern eher zum Zeitvertreib!

Vogelschutz-Interview - Wolfgang Neuberger, Miltenberg , Stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz (LBV):

"Der Klimawandel macht sich auch bei uns bemerkbar. Die Winter sind nicht mehr so streng wie früher.

Typische Anzeichen merkt man besonders in der Vogelwelt. Ein Beispiel sind die Hausrotschwänze, nicht die heimischen, sondern die schwedischen Vögel.

Diese ziehen nicht wie früher im Winter in die Mittelmeer-Region, sondern verbringen die „kalte“ Jahreszeit bei uns.

Als Felsbrüter waren Hausrotschwänze ursprünglich auf Gebirgsgegenden beschränkt.

Seit dem 19. Jahrhundert breiteten sie sich über flachere Landschaften aus und besiedeln seitdem großflächig auch vom Menschen geschaffene „Felslandschaften“ wie Siedlungen, Industrie-Areale und Kiesgruben. Ihre heutigen Nester werden in Nischen und Spalten an oder sogar in Häuser gebaut.

Auch in den anderen Jahreszeiten präsentieren unsere gefiederten Freunde so manche Überraschung, wo sie zum Beispiel andere Arten imitieren, um aufzufallen, zu imponieren oder ich Revier abzustecken.

Gerne biete ich Vogelstimmenwanderungen im Kleinheubacher Park oder rund um den Engelberg an. Ideal ist der Zeitraum Ende April bis Mitte Mai. Man braucht ein gutes Gehör, um die Sänger richtig zuordnen zu können.

Was mich am meisten Freude bereitet, ist ein neues, im Herbst 2015 startendes LBV-Projekt in Klingenberg: die neue Umweltstation im dortigen, ehemaligen Tonbergwerk mit installierten Schautafeln sowie einem rundum begehbaren Lehrpfad der dort vorkommenden Tiere und Pflanzen.
In und um Klingenbergt wird auch eine Jugendgruppe aktiv sein, die sich schon seit geraumer Zeit regelmäßig für Umweltprojekte engagiert."

Beate Ruckstetter, Wertheim-Bestenheid, Lehrerin an der Mittelschule Bürgstadt und Umweltbeauftragte für Grund- und Mittelschulen im Landkreis Miltenberg

"Das ganzheitliche Thema Vogelschutz kommt bei Schüler stets sehr gut an, weil hier eigene Beobachtungen und Alltagserfahrungen vertieft werden.

Vogel-Exkursionen führen meist zu interessanten Erkenntnissen, beispielsweise dass das Nahrungsangebot mit der Artenvielfalt zusammenhängt.

Beeindruckend ist bei Erkundungen in die freie Natur nicht nur die visuelle, sondern auch die auditive Bestimmung, welcher Vogel das sein könnte.

Schüler gehen nach solchen Exkursionen oft mit ganz anderen Augen und Ohren durch die Umwelt.

Gleichzeitig entdecken die Kids wie tierfreundlich der eigene Garten und die nähere Umgebung sein können."

Angela Ginkel, Technik-Lehrerin an der Mittelschule Bürgstadt

„Baue ich einen Nistkasten oder ein Vogelfutterhäuschen? Diese Wahl hatten die Achtklässler in Bürgstadt im letzten Schuljahr im Technik-Unterricht. Sie besorgten sich Fichten – und Kieferholz, machten Pläne und erkundigten sich nach den Eigenheiten und Vorlieben der künftigen Bewohner.

Am Schluss waren wunderbare, sehenswerte Werke entstanden, die daheim oder im Schulhof ihre Aufstellung fanden.

Die größte Anerkennung kam wohl nicht von Mitschülern, Lehrern oder Eltern, sondern von den Vögeln selbst, die die jeweiligen Behausungen im diesjährigen Frühjahr bezogen hatten oder die schon vorher im Winter die einladenden Futterhäuschen mit ihrem Angebot an Sonnenblumenkernen oder Hirsekörner schätzten.“

Autor:

Roland Schönmüller aus Miltenberg

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