Beitrag 8 zur Serie "Kirchenjubiläen Miltenberg"
Pfarrer Drach wird angeklagt und gebannt

Deckblatt der Anklageschrift des Johannes Cochlaeus gegen Johannes Drach | Foto: Virtuelle Bibliothek Sankt Peter im Schwarzwald
  • Deckblatt der Anklageschrift des Johannes Cochlaeus gegen Johannes Drach
  • Foto: Virtuelle Bibliothek Sankt Peter im Schwarzwald
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1522 predigt der erste Pfarrer von Miltenberg, Johannes Drach, das Evangelium im „neuen Gewand“, d.h. gemäß der neuen lutherischen Bibelübersetzung und ohne Rücksicht auf die Regeln und die Tradition der Kirche. Sein etwa einjähriges Wirken in Miltenberg führt dazu, dass sich der Miltenberger Rat und die Bürger mehrheitlich den evangelischen Ideen zuwenden. Letzteres und auch die Art und Weise sein Amt zu versehen, bleibt nicht unbemerkt und führt innerhalb weniger Monate zur Anklage. Es folgen einschneidende Ereignissen in Miltenberg, die einmalig und richtungsweisend für die beginnende Reformationsgeschichte sind. Zu den Geschehnissen sind uns glücklicherweise acht Texte der Jahre 1522-24 erhalten geblieben. Mit ihnen liegt uns der vielleicht erste schriftlich und öffentlich ausgetragene Schlagabtausch der deutschen Geschichte vor. Die jeweiligen Texte wurden meist als Flugschriften gedruckt und verbreitet. Sie sind Gerichtsakte, Beschwichtigung, Warnung oder Ermutigung für viele Adressaten. Glück für uns, denn dadurch haben einige Exemplare Kriege, Feuchtigkeit und Wurmbefall von nahezu fünf Jahrhunderten überstanden.
Der erste Text des Reigens ist die Anklageschrift des Procurator Fisici Johannes Cochlaeus gegen Pfarrer Drach mit dem Titel „In Causa Religionis …“ in der Drach der Ketzerei beschuldigt wird. Der Text ist auf das Jahr 1545 datiert. Die ursprüngliche Anklageschrift, aus dem Jahr 1522 liegt uns leider nicht mehr vor. Auf Grundlage dieser Anklage wird Pfarrer Drach mehrfach nach Aschaffenburg vorgeladen, ohne den Inhalt der Anklage einsehen zu können. Nichts Gutes ahnend verweigerte er sich. Anstatt seiner erscheinen mehrere Miltenberger Abordnungen in Aschaffenburg und Mainz. Diese werden jedoch von der Obrigkeit ungehört abgewiesen. Einige Wochen später wird Drach in Abwesenheit, aus Sicht der Obrigkeit folgerichtig, wegen Gehorsamsverweigerung mit dem Bann belegt und exkommuniziert. Im Anklagetext werden vierzehn Punkte aufgeführt, die die Missachtungen und abweichenden Handlungen bezüglich geltender religiösen Pflichten eines Pfarrherrn und die Aufwiegelung der Bürger betreffen. Inhaltlich geht es um Enthaltsamkeit, den Fleischverzehr, um liturgische Rituale, das Messfeiern, die Heilsbedeutung der Messe, die Durchführung von Wallfahrten und Prozessionen, die Autorität der Päpste, die Reue ohne Beichte und die Kommunion in beiderlei Gestalt. Jedes Mal widersprechen Drachs Worte und Handlung dem kirchlichen Verständnis und der althergebrachten Tradition. Darüber hinaus wird Drach der teuflischen Einflüsterung und der Aufwiegelung der Miltenberger zur Häresie bezichtigt. Im einem zweiten Teil der Anklageschrift versucht Cochlaeus, Aussagen und Handlungen des Johannes Drach vor allem durch die 1500jährige Tradition der Kirche zu widerlegen. In seiner Argumentation dreht er vielfach die Beweislast um und fordert Beweise dafür, warum es sinnvoll sein sollte, der Kirchentradition und den Kirchenvätern wie Hieronymus, Ambrosius, Augustinus, Hilarius, Athanasius, Chrysostomus zu widersprechen. Der Streit spitzt sich zu. Nach der dritten Vorladung und dem ausgesprochenen Bann flieht Drach über Wertheim in die freie Reichstadt Nürnberg. Vermutlich zu Recht wird den Miltenberger Altaristen die Schuld an der Vertreibung Drachs gegeben. Auch ihnen wird die Situation in Miltenberg zu brenzlig und sie fliehen nach Aschaffenburg. Nun folgt einen kurze Ruhe vor dem Sturm … doch davon nächste Woche.
Johannes Oswald

Autor:

Cornelius Faust aus Miltenberg

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