Jahrgang 1940 Miltenberg bei den "Kellerfreunden Schneeberg"

2Bilder

Jahrgang 1940 Miltenberg bei den „Kellerfreunden Schneeberg“
Der monatliche Stammtisch geht schon traditionell einmal im Jahr auf Reisen - dabei bewusst mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Da lag es nahe mit der „Eisenbahn“ nach Schneeberg zu fahren. Die Kellerfreunde sind mittlerweile die erste Adresse für Liebhaber uralter Gewölbekeller mit ihrer Geschichte und ganz wichtig für einen guten, hausgemachten Apfelwein, in Schneeberg „Moscht“ genannt.
Begrüßt wurden die 24 Teilnehmer von drei Kellerfreunden. Da war der Fachmann für die Organisation und sein Kollege, der Kellermeister. Er sorgt mit fundiertem Wissen für einen Moscht der Extraklasse. Der Dritte im Bunde ist ein wahrer Meister im Lebendigwerden-lassen der Schneeberger Geschichte der vergangenen Jahrhunderte. Seine Geschichten sind eine großartige Bereicherung der geselligen Führung durch die alten Keller. So manches aus dem bäuerlichen Alltag der Familien und von Opa und Oma hat er zu erzählen. Dazu schon mal eine Kostprobe: „Was ist denn ein „Schneeberger Moschtzipfel?“ Die Bauernfamilie war draußen auf dem Feld bei der Arbeit. Eine Kindertagesstätte für das Kleine war Fehlanzeige. Es wurde in den Schatten eines Baumes gelegt. Wie das so geht, kräftige Schreie lassen die Mutter nachschauen. Auf dem Weg zum Kind nimmt sie noch eine Flasche Moscht mit. Ein Stoffzipfel wird in den Moscht getunkt und dem Schreihals in den Mund gesteckt. Ein- zweimal und der Schneeberger Moschtzipfel hat seine Wirkung.
Bevor wir auf den Rundweg zu den Kellern gingen, gab es noch wichtige Hinweise zum Begehen der Keller. Die Treppen sind steil und haben unterschiedliche Stufen. Ein Hinweis: „Die Türbogen, da müsst ihr aufpassen – der Kopf ist gefährdet und der Kellerboden hat auch seine Gefahren. Er ist feucht und uneben.“ Gut und sicher im ersten Gewölbekeller angekommen wurde uns vom Kellermeister der Moscht in seiner ganzen Vielfalt und den verschiedenen Geschmackrichtungen vorgestellt. Wichtig sei ein gut gepflegtes, absolut sauberes Fass. Früher waren es Holzfässer und heute benutzt man Edelstahl- oder Kunststofffässer. Zur Desinfektion werden die Fässer leicht geschwefelt um dann die frische Ernte aus erlesenen, naturbelassenen Äpfeln einzufüllen. Viele der Teilnehmer konnten mit dem Kellermeister ihre Erfahrungen aus Kinder- und Jugendzeit über die Apfelsorten und den Moschtausbau austauschen. So ist z.B. die Apfelsorte „Trierer“ mit seiner Säure ein wichtiger Teil für einen guten Apfelwein. Bei den Kellerfreunden haben wir auch verschiedene Moschtvarianten verkostet, so z.B. mit Quitten oder Schlehenfrüchten. Das waren wunderbare, erfrischende Besonderheiten die uns mit jedem weiteren Glas noch besser schmeckten. Damit der Apfelwein für den Genießer eine gute Grundlage hat, wurden wir schon im ersten Keller mit besonderen Schmankerln, das waren kleine Brotscheiben mit regionalen Köstlichkeiten wie Hausmacher Wurst, Käse, „Obatzer“ und extra für die Führung zubereitetem Griebenschmalz belegt.
Im dritten Keller war die Stimmung der Teilnehmer schon angeregt. Wir bekamen noch Interessantes aus der Geschichte von Schneeberg erzählt. So wurde, bedingt durch sehr aktive Benediktiner vom Kloster Amorbach, an den Südhängen von Schneeberg über Jahrhunderte Weinbau betrieben. Wein, der zum Volksgetränk wurde, da das Wasser der Brunnen oft nicht sauber war. Dabei wurden pro Person beachtliche 2 – 3 Liter pro Tag getrunken. Wo ist der Weinbau heute? Er kam zum Stillstand durch massive Schlechtwetterbedingungen und durch Schädlinge wie die Reblaus. Als Ersatz wurde, durch fürstliche Anregung, der Obstbau eingeführt und der Moscht als Getränk war da.
Ein wichtiges und äusserst interessantes Thema aus vergangenen Tagen waren auch die vielen Gewölbekeller mit den „Kellerrechten“ als Besonderheit. Bedingt durch immer wieder auftretendes Hochwasser im Tal konnten die Hausbesitzer dort keine Keller zur Lagerung von Lebensmitteln bauen. Sie mussten sich die Gewölbekeller hochwassersicher am Hang auf eigenem Grund und Boden bauen oder sich bei einem Kellerbesitzer ein Kellerrecht besorgen. Manche Keller waren so groß, dass manche Hausbesitzer aus dem Tal ein Kellerrecht bekamen. Diese Rechte sind seit Jahrhunderten bis heute gültig. In den Jahren von ca. 1557 – ca. 1798 sind etwa 100 Gewölbekeller gebaut worden, um Lebensmittel wie Kartoffeln, Sauerkraut, Butter und Eier im Kühlschrank der damaligen Zeit aufbewahrt worden.
Zu all diesen Informationen wurden wir weiter mit Moscht und köstlichem Vesper bewirtet.
Zum guten Schluss sagen wir den drei Kellerfreunden und allen, die im Verein mitarbeiten, für die schönen, lustigen und informativen Stunden in den Gewölbekellern „unter der Erde“ vielen Dank. Wir haben drei Männer erlebt, die mit Herz der Schneeberger Vergangenheit ein Gesicht geben. Wir haben viel gelacht, Moscht getrunken und das Vesper genossen und fühlen uns reich beschenkt und bereichert.

Autor:

Hermann Schneider aus Miltenberg

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Aktuelle Angebote

Gesundheit & WellnessAnzeige
3 Bilder

Spezialisten in unserer Region
Ambulanter Pflegedienst Carolin Schwarz - menschlich und kompetent

Wir, das Pflege- und Hauswirtschaftsteam des Ambulanten Pflegedienstes Carolin Schwarz, sind seit 2019 als etablierter Pflegedienst in Buchen für unsere Patienten und ihre Angehörigen da. Menschlich und kompetent kümmern wir uns täglich und mit viel Freude und Engagement um die ganzheitliche Pflege, Behandlung und Betreuung hilfebedürftiger Menschen in ihrem eigenen Zuhause. Die Individualität eines  Menschen mit all seinen Bedürfnissen und Wünschen steht für uns in unserem Tun an erster...

Essen & TrinkenAnzeige

Faust holt die Frankfurt International Trophy
Brauhaus Faust ist die beste Brauerei Deutschlands 2024

"Es ist ein Heimsieg mit höherer Bedeutung", freut sich Johannes Faust, Geschäftsführer des Brauhaus Faust zu Miltenberg. Denn das "Das bleibt unter uns"-Bier der Churfranken hat längst auch seine Fangemeinde in Rhein-Main gefunden. Dort, in der Metropole Frankfurt, findet seit Jahren der Wettbewerb Frankfurt International Trophy statt. In den Kategorien des Wettbewerbs werden jeweils internationale Biere, Spirituosen und Weine degustiert, bewertet und einem Ranking unterzogen. In 2024 etwa,...

Bauen & WohnenAnzeige
17 Bilder

Küchenangebot
Nolte Ausstellungsküche inklusive Elektrogeräte bei E-KüchenDesign in Weilbach

Preis: 7.900 € statt 9.186 €* inkl. MwSt. *Ursprünglicher Preis des Anbieters Preis inklusive Geräte » Modell / Dekor ist nachlieferbar » Küche ist umplanbar » Montage gegen Aufpreis möglich ARTIKELBESCHREIBUNGNEU Nolte Ausstellungsküche M20 Manhattan Uni 48B Black Green und A19 Artwood 22N Asteiche natur Moderne Einbauküche in U-Form mit Hochschrank Angebotstyp Musterküche Küchen Beschreibung M20 Manhattan Hersteller Nolte Front M20 Manhattan Uni 48B Black Green und A19 Artwood 22N Asteiche...

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.