„Das wär die Schlagzeile: Beavers-Chef verunglückt!“
Kehraus am 30.11.2018 im Beavers am Miltenberger Standort

Nach zwölf Jahren räumen Christoph Reichel und sein Team am 30.11.2018 das Beavers. | Foto: Dominik Stapf
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  • Nach zwölf Jahren räumen Christoph Reichel und sein Team am 30.11.2018 das Beavers.
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Zwischen dem Klavier, das nicht mal acht starke Kerle verrücken können, einem Tisch voller angebrochener Alkoholika und unzähligen Kisten mit Sammlerstücken empfängt uns Christoph Reichel. Es ist der letzte Tag in den bisherigen Räumlichkeiten des Beavers. „Nicht einmal einen Stuhl kann ich euch anbieten“, sagt er lachend. Die braucht´s auch gar nicht, wir freuen uns, dass er mitten im Räumungsstress noch Zeit für ein Interview mit uns hat.

Red.: Wie ist gerade die Stimmung im Team?
CR: Abgesehen davon, dass wir hier jetzt raus müssen, ist die Situation für uns total positiv. Erlenbach ist für uns die bessere Lage, ein großer Teil unserer Besucher kommen aus dem Obernburger bis Frankfurter Raum. Denen kommen wir jetzt entgegen.

Wir erfahren eine enorme Unterstützung und Wertschätzung von unendlich vielen Einrichtungen und Menschen, das wird uns jetzt so richtig bewusst.

Mir persönlich wird auch nochmal bewusst, was für ein tolles Team wir sind. Wenn ich morgens komme, dann sind hier alle schon am schaffen. Wirklich toll, das freut mich sehr. Und zeigt auch, dass was wir das hier richtig gemacht haben. Das ganze Team kommt auch mit nach Erlenbach.

Demnächst wollen wir ein Crowdfunding starten. Der Umzug kostet ja einiges. Nach außen haben wir das noch nicht groß kommuniziert. Trotzdem hat mich eine BOUNCE (Bon Jovi Tributeband) aus Düsseldorf kontaktiert und gefragt, ob wir so eine Gruppenfinanzierung planen. In dem Fall sollen wir unbedingt Bescheid sagen, sie geben einen Tausender aus der Bandkasse dazu. Das freut mich total, das zeigt halt auch, dass wir mit den Agenturen ein gutes Verhältnis aufgebaut haben.

Red.: Was hat dazu beigetragen?
CR: Schon seit der Anfangszeit sagen wir: „Jeder Künstler, der hier her kommt, ist unser Geschäftspartner aber auch gleichzeitig unser Gast“. Entsprechend behandeln wir ihn auch. Langfristig zahlt sich das aus.

Als sie uns den Mick Taylor von den Rolling Stones hergegeben haben, habe ich das Mädel von der Agentur gefragt: „Wie kommt ihr darauf, uns in Miltenberg den Mick Taylor anzubieten?“ Sagt sie: „Wir haben eine Liste mit Clubs. Wenn wir ´nen Off Day haben, dann schauen wir, ob das von der Route passt. Ihr steht auf dieser Liste der Clubs mittlerweile ganz oben dabei.“ Ich: „Das ist ja schön, aber wie kommen wir zu dieser Ehre?“ Sie: „Jeder Künstler schwärmt vom Ambiente. Sie werden immer gut untergebracht, sie bekommen immer gutes Essen und immer pünktlich ihr Geld. Das ist nicht überall so.“

Über die Jahre spricht sich das rum. Das sind so Geschichten, die mich für die Zukunft optimistisch stimmen.

Red.: An Ruhestand also noch lang nicht zu denken?
CR: Nee, nee, um Gottes Willen! Das hier macht mir viel zu viel Spaß.

Einfach aufzuhören - das wäre für mich undenkbar.

Jetzt, wo es gut läuft, erst Recht. Ganz am Anfang war vor allem der Ehrgeiz geweckt, nach dem Motto „Ich zieh das durch, ihr kriegt mich nicht“. Wenn du dann den Zuspruch der Besucher erfährst, ist das sehr eine schöne Bestätigung.

Red.: Die Raritäten, die jetzt alle von den Wänden verschwunden sind, kann man im neuen Gebäude aber wieder bestaunen?
CR: Alle! Und noch mehr! Was hier drin war, das war ja nur maximal 10 Prozent der gesamten Sammlung. Die Stadt Miltenberg hat dieses Potential nie so richtig erkannt. Da sind die Erlenbacher wesentlich aufgeschlossener.

Miltenberg versucht ja immer Leute herzubekommen. Ich hatte mal was vorgeschlagen: Es gibt in Deutschland zwei Rock- und Pop-Museen. Eins in Gronau von Udo Lindenberg und eins in München, das macht ein privater Sammler. Also eins im Norden, eins im Süden – lasst uns doch in der Mitte von Deutschland ein Rock- und Pop-Museum eröffnen. Nur ein paar Zahlen für euch: Ich hab rund 70.000 Schallplatten, 10.000 Konzertplakate aus den 50ern bis heute, einen ganzen Raum voll signierter Gitarren, ich hab eeeeendlos Zeugs. 

Lasst uns doch sowas wie ein Main-Festival machen. Und lasst uns versuchen das nach vorne zu bringen.

Beispielsweise eine Woche unter dem Motto Beatles. Dann wissen alle, in dieser Woche dreht sich alles in Miltenberg um die Beatles. Ein Jahr vorher schaffen sich alle Schulorchester die Beatles-Stücke drauf. Das Kino könnte man involvieren, die könnten dort alle Beatles-Filme zeigen. Die Beatles Revival Band könnte auftreten, die die Stücke eins zu eins kopieren. Man könnte die Beatles klassisch interpretieren. Ich mache eine Ausstellung dazu. So eine Woche kannst du bundesweit bewerben, das würde Leute anziehen. Lasst uns das doch anpacken! Aber ich hab gemerkt, da ist kein Interesse.

Die Erlenbacher, hab ich das Gefühl, sind ganz heiß auf solche Ideen. Mit Kinobetreiber Dieter Lebert bin ich schon im Gespräch.

Um den Miltenberger Standort ist es trotzdem schade.

Jetzt gehen wir hier weg, dann ist in Miltenberg ja fast nix mehr. Der Riese ist noch da, die Gastronomie und sonst… Wir wären sehr gerne in Miltenberg geblieben. Hab mein ganzes Leben hier verbracht.

Wir haben uns fast zu lange um eine Lösung vor Ort bemüht. Hätten wir vor einem Jahr gesagt, wir gehen weg, dann wäre das ein nahtloser Übergang gewesen. So sind wir jetzt ein dreiviertel Jahr nicht da. Und ein dreiviertel Jahr mit so gut wie keinen Einnahmen. Die paar Events, die wir jetzt in den Hallen gebucht haben, die sehe ich eigentlich mehr unter dem Werbeaspekt. Dass der Name Beavers im Bewusstsein bleibt. Wenn du da die Hallenmiete hast und die GEMA-Gebühren und die Gagen, da musst du noch gucken, dass du nix drauflegst. Von der Seite ist die Situation erst mal ein bisschen schwierig.

Red.: September 2019 ist ja die Neueröffnung angedacht.
CR: September, jaaaa, angedacht. Ich hoff, wir kriegen das hin. Da häng ich auch so ein bisschen in der Luft. Ich hab ja selbst noch nie gebaut. Im Moment sagt mir jede Baufirma „Oh je!“. Da kriegst du eine, die fängt erst in ´nem halben Jahr an. Es scheint so, dass wir jetzt eine haben, die es macht. Die sind sehr optimistisch, dass es vielleicht sogar Mai wird. Im Juni, Juli fang ich aber nicht an. Selbst wenn die Baufirma fertig wäre – in den Sommermonaten spielt sich alles draußen ab. Jeder Verein macht da sein Sommerfest draußen. Da brauch ich nicht mit dem Club anfangen. Dann sind die ersten Veranstaltungen nur halb voll, von wegen „Uh, miese Stimmung, das brauch ich nicht mehr hin“ – das kenn ich doch alles (lacht). Da warte ich lieber noch zwei Monate. Und dann mit ordentlichen Hammer-Interpreten, dass die Hütte überläuft! Den Agenturen muss ich aber ein konkretes Datum nennen können. Deswegen lieber ein bisschen mehr Vorlaufzeit und dann passt´s auch.

Red.: Alle bisherigen Programmpunkte wie z.B. der RudelSingSang sollen am neuen Standort übernommen werden. Kommt auch noch was Neues on top?
CR: Ja, wir haben eine ganze Reihe an Ideen, aber die will ich momentan noch unter Verschluss halten. Wir sehen zudem noch viele Möglichkeiten, unsere Räumlichkeiten als Event-Location zu mieten. Bin auch am Überlegen einen Verein zu gründen.

Und natürlich gibt’s Ideen für Konzerte und Ausstellungen. Da kann ich alles aus meinem eigenen Fundus themenspezifisch zusammensuchen. Ich war gerade erst wieder in Utrecht in Holland. Da findet zweimal im Jahr das größte Sammlertreffen der Welt statt.

Danach komm ich immer heim, das Auto voll bis unters Dach, der Kombi fährt schon fast auf der Felge, voll mit Plakaten und Zeitungen und allem alten Krempel (lacht). 

Mir macht das unheimlich Spaß alles zusammenzustellen. Dann kann ich auch etwas bieten, was Hand und Fuß hat.

Red.: Was wünschen Sie sich für den Neustart?
CR: Was, Wünsche? Boah, huh! Da hab ich im Moment noch gar keine Zeit gehabt, mich mit zu beschäftigen. Im Moment ist hier die Wutz los. Neuer Standort oder nicht, Miltenberg oder nicht, Erlenbach oder nicht, Investor suchen, Verhandlungen mit der Stadt Erlenbach - da waren alle sehr kooperativ muss ich sagen.

Hier gleichzeitig Auszug, den Tresor im Büro können nicht mal vier Leute tragen, das Klavier nicht mal acht Mann. Oder die Dunstabzugshaube, vier bis fünf Meter groß.

Irgendwann hing ich nachts ohne Schlaf unter der Decke, hab die Bilder abgeschraubt und gedacht „Jetzt noch hier runter klatschen, das wär die Schlagzeile: Beavers-Chef verunglückt!“ (lacht). 

Parallel Veranstaltungen, fehlender Lagerplatz. Und ständig die lästigen Medien (alle lachen). Nee, Spass, bin ja froh dass ihr da seid und die Medien alles begleiten, ganz klar. Aber der Tag hat halt nun mal nur 24 Stunden.

Auf die Frage für die Zukunft also: So richtig Gedanken hab ich mir noch gar nicht machen können. Ich hoffe, dass ich nächste Woche mal durchschnaufen kann. Und dann geht der Fokus auf den Neustart. Dann kann ich mir auch wieder genauer Gedanken machen, wie machen wir weiter. Das Rudelsingen beispielsweise machen wir ab Januar monatlich im Erlenbacher Kino. Viel zu organisieren, aber insgesamt alles sehr schön und positiv.

Red.: Vielen herzlichen Dank für das Gespräch, wir wünschen Ihnen und dem Team alles Gute!

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