Integrationsbeirat beschäftigt sich mit Salafismus

Wie kann man verhindern, dass Eltern ihre Kinder an den Salafismus verlieren? Diese Sorge, vorgetragen in der letzten Sitzung des Integrationsbeirats, beschäftigte das Gremium unter Vorsitz von Landrat Jens Marco Scherf auch in der jüngsten Sitzung am Montagabend, 6. März 2017 im Landratsamt. In Volker Sebold, Kommissar beim operativen Staatsschutz der Kriminalpolizei Würzburg, nahm dazu ein ausgewiesener Experte Stellung.

Salafismus stehe mittlerweile für internationalen islamistischen Terror, sagte er. Dabei sei der Salafismus an und für sich lediglich eine Form des Islam, die von einer rückgewandten Glaubens- und Weltanschauung geprägt ist. Seit einigen Jahren gebe es nun Neo-Salafisten, die diese Religion missbrauchen. Sie ließen keine zeitgemäße Interpretation des Islam zu und vertreten einen Absolutheitsanspruch, so Sebold. Ihrer Auffassung nach sei nicht das Volk der Souverän, sondern Gott allein. Das führe dazu, dass Neo-Salafisten Gesetze und Normen nicht anerkennen und die Umgestaltung von Staat, Gesellschaft und individuellem Leben nach „gottgewollten“ Normen anstreben. „Nicht jeder Neo-Salafit ist Terrorist, aber jeder Terrorist hatte Verbindungen zum Salafismus“, zeigten die Erfahrungen.
Personen wie Pierre Vogel, ein konvertierter Deutscher, fungierten als „Durchlauferhitzer“ und versuchten, Jugendliche anzuwerben. Junge Menschen, die sich aufgrund von Problemen am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Familienleben in Krisen befinden, seien besonders empfänglich für salafistische Anwerber, stellte Sebold fest. Er forderte die Gesellschaft auf, besonders auf Jugendliche zu achten, die vor einem Bruch in ihrem Leben stehen. „Salafismus geht durch alle Nationalitäten“, warnte der Fachmann. „Wir brauchen Verantwortliche in den Moscheen, die den Jugendlichen die wahren Werte vermitteln“, stellte Sebold fest und wünschte sich mehr muslimische Sozialpädagogen, da diese näher an Jugendliche herankämen. Die Wertevermittlung sei in allen Religionen – auch im Christentum –, wichtig, ergänzten Landrat Jens Marco Scherf und der evangelische Pfarrer Dr. Gregor Kreile.
Volker Sebold forderte dazu auf, sich an die Polizei zu wenden und um eine Rechtsberatung zu bitten, wenn Jugendliche auffallen. Das könne man – ohne Namen zu nennen – jederzeit tun. Mittlerweile seien zahlreiche Broschüren zum Thema Salafismus in verschiedenen Sprachen verfügbar, ebenso eine Beratungsstelle für besorgte Eltern. Das 88-seitige Buch „Ich lebe nur für Allah – Argumente und Anziehungskraft des Salafismus“, erschienen in der Schriftenreihe Zentrum Demokratische Kultur, richte sich vor allem an pädagogisch Tätige. Auch gebe es ein Deradikalisierungsprogramm beim Landeskriminalamt München.

Dass im Landkreis Miltenberg das Projekt „Women without Borders“ Gestalt annimmt, erklärte Nilüfer Aktürk, Vorsitzende des Vereins Frauen für Frauen. Dieses Pilotprojekt werde offiziell am 23. März starten, kündigte sie an. Das vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration gefördert Projekt wendet sich speziell an Frauen. Diese sollen als Schlüsselfiguren der Erziehung ihre Kinder, Familien und Gemeinden widerstandsfähig gegen den Extremismus machen. Dabei sollen Mütter, die ihre Kinder an den Irak oder Syrien verloren haben, mit besorgten Müttern zusammengebracht werden. Mütter sollen mit theoretischem Unterricht und regelmäßigen Workshops geschult werden, um auf erste Anzeichen der Radikalisierung ihrer Kinder reagieren zu können. Diese Mütterschulen sollen einen ersten Schutzwall gegen die Radikalisierung bilden.

Dass die Menschen im Landkreis Miltenberg in einem sicheren Gebiet leben, verdeutlichte der Leiter der Polizeiinspektion Miltenberg, Bernhard Wenzel. Er stellte auch im Namen des Obernburger Polizeichefs Dominik Schmidt die Unfall- und Kriminalitätsstatistik des Jahres 2015 für den Gesamtlandkreis vor, ergänzt durch einige aktuelle Zahlen aus dem Jahr 2016. Er berichtete von 4381 Straftaten im Jahr 2016, von denen 73,6 Prozent aufgeklärt worden seien. Damit liege die Pro-Kopf-Kriminalitätsbelastung rund 35 Prozent niedriger als der unterfränkische Durchschnitt. Bei den 2944 aufgeklärten Straftaten seien 2084 Tatverdächtige ermittelt worden, so Wenzel. Der Anteil nichtdeutscher Verdächtiger liege bei 26 Prozent. Bezogen auf den Ausländeranteil von rund zehn Prozent, liege dieser Anteil fast dreimal so hoch, sagte er. Allerdings müsse man bedenken, dass es Straftaten gibt, die von vorneherein nur durch nichtdeutsche Staatsangehörige begangen werden könnten – etwa Delikte nach dem Ausländergesetz, wenn beispielsweise ein Pass nicht verlängert wurde.
Rund 25 Prozent der Straftaten würden von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden begangen, erläuterte Wenzel. Asylsuchende und Flüchtlinge seien nicht signifikant an der Begehung von Straftaten beteiligt, meist handele es sich um Delikte wie einfachen Diebstahl, Körperverletzung (meist in der Unterkunft, bedingt durch die räumliche Enge) oder die Erschleichung von Leistungen.
Beim Blick auf die Entwicklung einzelner Delikte in den vergangenen drei Jahren sprach Wenzel von Rückgängen bei Diebstählen, dafür Zunahmen im Bereich der Betrugsdelikte und der Computerkriminalität. Den Anstieg der Rauschgiftdelikte führten Wenzel und Schmidt auf die verstärkten Kontrollen zurück, die mittlerweile durch die erhöhten Einstellungszahlen bei der Polizei möglich seien. Beim Rauschgift spiele nicht nur Cannabis eine große Rolle, sondern auch synthetische Drogen, so Dominik Schmidt.

Interessante Aspekte legte Bernhard Wenzel beim Blick auf die Unfallzahlen vor: Die meisten Unfälle seien Wildunfälle, sagte er. Nicht etwa erhöhte Geschwindigkeit sei die Hauptursache bei Unfällen, sondern Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren und Anfahren vom Straßenrand, gefolgt von ungenügendem Sicherheitsabstand und Vorfahrtsmissachtung.
Die Polizisten der beiden Inspektionen hätten im vergangenen Jahr über 11.500 Einsätze nach Anrufen von Bürgerinnen und Bürgern geleistet, warf er abschließend einen Blick auf den hohen Einsatz der Beamtinnen und Beamten vor Ort. Kräftiger Applaus zeigte, wie sehr die Teilnehmer des Integrationsforums dieses Engagement zu schätzen wissen.

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