Auswirkungen der Gebietsreform 1972
50 Jahre Landkreis Miltenberg

Das Miltenberger Landratsamt 1972 vor der Erweiterung.  | Foto: © Archiv Landratsamt
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50 Jahre ist es her, dass der Landkreis Miltenberg aus der Taufe gehoben wurde. Im Rahmen der Gebietsreform im Jahr 1972 änderten sich nicht nur die Grenzen der Regierungsbezirke, sondern auch die Landkreise: Am Untermain entstand aus drei Landkreisen der neue Landkreis Miltenberg.

Der Miltenberger Kreistag hielt 1971 eine Landkreisgebietsreform für überflüssig – schließlich war Miltenberg nach Auffassung der Kommunalpolitiker groß und finanzstark genug, um eigenständig zu bleiben. Auch der Kreis Obernburg fand, dass man mit 70.000 Einwohnern weiter ein eigener Landkreis sein könne. Dennoch pochte man darauf, dass im Falle einer Zusammenlegung Obernburg Kreissitz sein sollte – schließlich lebten hier im Umkreis von einigen Kilometern 39.000 Menschen – mehr Bürger*innen als damals im kompletten Landkreis Miltenberg. Aufzuhalten war die Landkreisreform nicht – trotz aller Bemühungen und eines gescheiterten Volksbegehrens.

Am 31. Juli 1972 kam der neue Kreistag des Landkreises Miltenberg, der damals 59 selbstständige Gemeinden umfasste, erstmals in Miltenberg zusammen. Neben der Vereidigung von Landrat Karl Oberle wurde auch geklärt, dass Richard Galmbacher und Regierungsdirektor Anton Vogel als Vertreter im Amt den Landrat vertreten sollen.
Doch welche Stadt sollte Kreissitz werden? Diese Frage entwickelte sich zum Krimi, denn neben Miltenberg und Obernburg warfen auch Erlenbach und Wörth ihren Hut in den Ring. Wörth bewarb sich aber nur, falls Obernburg nicht den Zuschlag bekommen sollte.
In der Sitzung des Kreistags am 21. November 1972 in der Stadtprozeltener Stadthalle entfielen auf Miltenberg 28 Stimmen, auf Obernburg 31. Der neue Landkreis sollte laut Beschluss den Namen der Stadt tragen, die von der Staatsregierung als Kreissitz festgelegt wurde.

Der Rest ist Geschichte: Die Staatsregierung setzte sich über das Votum des Kreistags hinweg und gab Miltenberg den Vorzug – und damit den Namen Landkreis Miltenberg.
Einiges, was sich im Zuge der Einrichtung des neuen Landkreises änderte, hat noch heute Bestand. So wurden beispielsweise die Finanzämter Amorbach und Obernburg zu einem neuen Finanzamt zusammengefasst mit Hauptsitz in Obernburg und einer Außenstelle in Amorbach; die Amtsgerichte Obernburg und Miltenberg wurden zu einem neuen Amtsgericht mit Sitz in Obernburg und einer Zweigstelle in Miltenberg. Aus zwei Gesundheitsämtern wurde eines in Miltenberg mit Außenstelle Obernburg; 1996 wurde das Gesundheitsamt in das Landratsamt Miltenberg integriert.
Einige Jahre später wurde ein neues Kreditinstitut geboren: Auf Vorschlag von Landrat Roland Schwing stimmte der Kreistag zu, aus den Kreissparkassen Miltenberg-Amorbach und Obernburg-Klingenberg die Sparkasse Miltenberg-Obernburg zu schaffen. Auch viele Verbände aus dem Nord- und Südlandkreis schlossen sich zu Kreisverbänden zusammen.

Entgegen so mancher Befürchtung wurde kein neues Landratsamt gebaut, bauliche Veränderungen waren aber unumgänglich. So musste das Gebäude in Miltenberg Anfang der 90er Jahre saniert und erweitert werden. In Obernburg bleibt die Verwaltung des Landratsamts bis heute vertreten – wenn auch an einem anderen Ort, nachdem man im Jahr 2022 neue Räume im ehemaligen Sparkassen-Hauptgebäude in der Römerstraße 18-22 bezog. Möglich war dies, da die Sparkasse ihren Hauptsitz nach Miltenberg verlegte.
Der Landkreis bekam in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer mehr Aufgaben zugewiesen, was zu deutlich höheren Haushalten und entsprechend mehr Beschäftigten führte.
So hatte der erste Landkreishaushalt 1973 ein Volumen von rund 71,8 Millionen Mark, die Kreisumlage lag bei 60 Prozent. Heute, fast 30 Jahre später, kommt der aktuelle Haushalt des Landkreises auf ein Volumen von rund 105 Millionen Euro bei einer Kreisumlage von 39 Prozentpunkten im Jahr 2021. Das Investitionsvolumen liegt seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts konsequent über 10 Millionen Euro.

Und noch etwas hat sich im Laufe der Jahre geändert: Aus den Krankenhäusern Erlenbach und Miltenberg wurde im Jahr 1995 eine GmbH, 2005 nach dem Verkauf an die Rhön-Klinik AG die Kliniken Miltenberg-Erlenbach. Der börsennotierte Konzern aus Bad Neustadt verkaufte später das Klinikum mit seinen Standorten Erlenbach (Krankenhaus der Grundversorgung) und Miltenberg (Geriatrische Reha) an die Helios AG. Heute sieht man auch wieder Autos mit MIL- und OBB-Kennzeichen, nachdem der Kreistag hierfür im Oktober 2017 den Weg freigemacht hatte.

Auch das Gesicht an der Spitze der Landkreisverwaltung ist ein neues: Jens Marco Scherf gewann die Kommunalwahl im Jahr 2014 gegen seinen Herausforderer Michael Berninger in der Stichwahl um Haaresbreite mit einem Vorsprung von nur 40 Stimmen; im Jahr 2020 siegte Scherf mit 69,29 Prozent der Stimmen gegen Armin Bohnhoff. Ex-Landrat Roland Schwing, der nach 28 Jahren im Amt 2014 nicht mehr zur Wahl angetreten war, konnte die Geschicke seines Nachfolgers nicht lange begleiten: Er verstarb unerwartet im Alter von 68 Jahren im Jahr 2017.

Die Gemeinden des Landkreises Miltenberg:
Heute hat der Landkreis Miltenberg 32 Gemeinden. Als die Altlandkreise Miltenberg und Obernburg noch existierten, waren es sogar 66 selbstständige Gemeinden. Dass daraus 32 wurden, lag auch an der bayerischen Gebietsreform, die in den 70-er Jahren für heftigste Diskussionen sorgte. In der nachfolgenden Übersicht sind die Gemeinden fett eingefärbt, die es heute noch als selbstständige Gemeinden im Landkreis gibt.
Der Altlandkreis Miltenberg hatte einst insgesamt 31 selbstständige Gemeinden: Amorbach, Beuchen, Boxbrunn, Breitendiel, Bürgstadt, Eichenbühl, Fechenbach, Großheubach, Hambrunn, Heppdiel, Kirchzell, Kleinheubach, Laudenbach, Mainbullau, Miltenberg, Neunkirchen, Ottorfszell, Preunschen, Reichartshausen, Reistenhausen, Richelbach, Riedern, Rüdenau, Schippach, Schneeberg, Umpfenbach, Watterbach, Weckbach, Weilbach, Wenschdorf und Windischbuchen. Die Zahl dieser Gemeinden reduzierte sich aufgrund der Gemeindegebietsreform auf 13. Dabei wurde im Jahr 1971 sogar die neue Gemeinde Collenberg geboren, die aus Fechenbach, Reistenhausen und Kirschfurt entstand.
Der Altlandkreis Obernburg hatte einst 35 Gemeinden: Dornau, Ebersbach, Eichelsbach, Eisenbach, Elsenfeld, Erlenbach, Eschau, Großwallstadt, Hausen, Hobbach, Hofstetten, Kleinwallstadt, Klingenberg, Leidersbach, Mechenhard, Mömlingen, Mönchberg, Niedernberg, Obernburg, Pflaumheim, Röllbach, Röllfeld, Roßbach, Rück, Schippach, Schmachtenberg, Soden, Sommerau, Streit, Sulzbach, Trennfurt, Volkersbrunn, Wenigumstadt, Wildensee und Wörth. Durch die Landkreisreform 1972 wurden Pflaumheim und Wenigumstadt dem Landkreis Aschaffenburg zugeschlagen, aus den aufgeführten Gemeinden wurden aufgrund der Gebietsreform 15 selbstständige Städte und Gemeinden.
Vom Altlandkreis Marktheidenfeld, der aufgelöst und in den neuen Landkreis Main-Spessart integriert wurde, bekam der neue Landkreis Miltenberg im Zug der Landkreisreform 1972 die Kommunen Breitenbrunn (1976 in Faulbach eingemeindet), Dorfprozelten, Stadtprozelten, Neuenbuch (1978 in Stadtprozelten eingemeindet), Faulbach und Altenbuch.

wiz

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Blickpunkt MIL aus Miltenberg

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