Bildergalerie und Essay
Flehende Flurgänge, flatternde Fahnen, frommes Fußvolk.

Prozessionen und Wallfahrten waren und sind auch heute noch besondere Ausprägungen der Volksfrömmigkeit.

Sie kamen durch ihre Symbolik dem Bedürfnis der Menschen nach Erlebnissen entgegen, die mit allen Sinnen, insbesondere durch Augen, Ohren und Nase aufgenommen wurden und nicht nur über den Verstand.
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  • Prozessionen und Wallfahrten waren und sind auch heute noch besondere Ausprägungen der Volksfrömmigkeit.

    Sie kamen durch ihre Symbolik dem Bedürfnis der Menschen nach Erlebnissen entgegen, die mit allen Sinnen, insbesondere durch Augen, Ohren und Nase aufgenommen wurden und nicht nur über den Verstand.
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Bittprozessionen um Christi Himmelfahrt bis nach Pfingsten.

LANDKREIS MILTENBERG. „Prozessionen waren früher besondere Höhepunkte im Festkreis des Jahres!“- erinnert sich ein Landkreis-Bürger an seine Kinderzeit in den 1960er Jahren.

Der Senior denkt dabei nicht nur an Fronleichnam, dem katholischen Feiertag am Donnerstag nach Pfingsten, sondern auch an fromme Flurumgänge vorher, wo es hinaus ging auf die örtlichen Felder oder zu den einladenden kirchlichen Nachbarorten.

„Jeder war eingebunden vom Schulkind, über den jugendlichen Ministranten, weiter zum erwachsenen Vereinsmitglied oder Musikanten hin zum rüstigen Senior oder zur älteren, eifrigen Kirchenbesucherin.

Start und Ziel bildeten in der Bittwoche um Christi Himmelfahrt die eigenen Gotteshäuser. Zwischenstationen waren unterwegs Kapellen, Kreuze Bildstöcke oder benachbarte Kirchen.

Nach der Messe und einem ausgedehnten Verpflegungs-Aufenthalt in Gaststätten ging es gestärkt und frohen Mutes wieder nach Hause.

„Das war sehr erlebnisreich, die Schule und der Unterricht fielen aus, man war zusammen mit Gleichgesinnten“, schildert ein anderer Landkreisbürger, ehemaliger Ministrant und einstiger Fahnenträger den gemeinsamen Gang der singenden, betenden und gut gelaunten Gläubigen durch die frühlingshafte Natur: „Das hob die Seele und schuf Gemeinschaft!“

Heute sind in Zeiten von Corona solche Prozessionen nicht mehr denkbar. Die aktuellen Abstands-Auflagen sowie die notwendigen Hygiene- und Masken-Vorschriften verbieten aus verständlichen Gründen einen solche christliche Tradition.

Pandemie-bedingt werden in deutschen Diözesen in diesem Jahr statt der traditionellen Bittprozessionen vereinzelt nur noch sogenannte Bittmessen gefeiert.

Bis 2019 war eine Bittprozession (auch Bittgang oder Flurprozession genannt ) im Christentum ein Flurumgang, mit dem Gottes Segen oder die Abwendung von Gefahren und Notsituationen erbeten wurde.

Solche Bittprozessionen waren bei den Gläubigen beliebt und fanden früher jährlich statt. Es gab sie aber auch situationsbedingt in besonderen Notlagen.

Theologische Bedeutung: Von der Macht des vertrauenden Gebetes

Bemerkenswerterweise kommen Bittgänge in allen Religionen vor. Im Christentum sind sie ein Zeichen, den Glauben an Gott, an die Macht des vertrauenden Gebetes und die helfende Fürsprache der Heiligen zu bekunden.

„Warum gehet man in den Processionen um die Fluren,Aecker und Felder? – Um den gütigen Gott zu bitten, er wolle mit seiner milden väterlichen Hand die Fluren segnen, die Früchte der Erde erhalten, und wie er alle Thiere mit Segen erfüllt, und ihnen ihr Speis zu gelegener Zeit gibt, also auch uns Menschen die nothwendige Nahrung mittheilen“ - so heißt es bei Leonhard Goffiné 1690 in seinem „Christkatholischen Unterrichtsbuch“ zur Funktion der Bittgänge in der katholischen Tradition.

Unheil wurde einst als Folge menschlicher Schuld begriffen. Bittprozessionen hatten daher bei unseren Altvorderen einen Bußcharakter. Passend dazu war die liturgische Farbe wie in der vorösterlichen Fastenzeit violett.

„Im deutschen Sprachgebiet sollen die Bittgottesdienste nach Möglichkeit erhalten und >>alle wesentlichen Bereiche und Gefährdungen des gegenwärtigen Lebens<< ins Gebet einbezogen werden“, berichtet ein hiesiger Pfarrer.

Die ursprünglich agrarische Ausrichtung der Bittprozessionen war in den letzten Jahren dementsprechend erweitert worden.

So heißt es im Messbuch der katholischen Kirche:

„An den Bitt- und Quatembertagen betet die Kirche für mannigfache menschliche Anliegen, besonders für die Früchte der Erde und für das menschliche Schaffen“.

Neben der „Bewahrung der Schöpfung“ können auch Arbeit für alle, Frieden, Brot für die Welt und Ehrfurcht vor dem menschlichen Leben Motive der Fürbitten sein.

Willkommene Prozessionen an den Bitttagen.

Die lateinische Bezeichnung der Bitttage in der katholischen Liturgie als litaniae „Litaneien“ kommt daher, dass Prozessionen an diesen Tagen mit dem Gesang der Allerheiligenlitanei begannen und von inständigem Bittgebet begleitet wurden.

In der Woche, in der das Fest Christi Himmelfahrt liegt, fanden traditionell die meisten Bittprozessionen statt. Sie wird deshalb auch als Gangwoche, Betwoche, Bittwoche oder Kreuzwoche bezeichnet – weil den Prozessionen an diesen Tagen das Kreuz vorangetragen wurde.

Auch am Fest Christi Himmelfahrt und in den folgenden Tagen bis zum Sonntag gab es Flurprozessionen.

Neben den periodisch wiederkehrenden Prozessionen boten besondere Notlagen Anlass zu einmaligen oder – oft als Gelübde – wiederholten apotrophäischen Prozessionen zur Gefahrenabwehr:

  • Hagelprozessionen als regelmäßige Flurprozession, gelobt nach schlimmen Unwettern.

  • Pestprozessionen, gelobt nach Pestepidemien.

  • Brandprozessionen, gelobt nach Stadt- oder Ortsbränden.


Spätantiker Ursprung und vielfältige Entwicklung.

Die Prozessionen könnten als spätantike Umformung der römischen Flurumgänge, der Ambarvalia, verstanden werden, betonen Historiker.

Möglicherweise seien sie auch in Verbindung zu bringen zu germanischen Rechtsbräuchen, wonach jeder Grundeigentümer einmal im Jahr seinen Besitz umschreiten musste, um den Besitzanspruch aufrechtzuerhalten.

Mit dem Aufkommen von Sakramentsprozessionen im 13. Jahrhundert und verstärkt seit der Gegenreformation im 16. Jahrhundert kam es häufig zur Verschmelzung verschiedener Prozessionstypen.

Bei den Bittprozessionen wurde – ganz oder auf Teilstrecken – das „Allerheiligste“, der Leib Christi in der Monstranz, mitgeführt, und an den meist vier Unterwegs-Stationen – auch „Altäre“ genannt – wurde der Sakramentale Segen erteilt.

Neu belebt mit Anpassung an die Gegenwart.

Der Brauch der Bittgänge war häufig in ländlichen Regionen erhalten geblieben und teilweise sogar wieder neu belebt worden.

Manche Landgemeinden entdeckten die alten Prozessionswege neu, in den Städten werden neue Formen erprobt – nicht selten auch in den Abendstunden, dem heutigen Arbeits- und Lebensrhythmus angepasst.

Gestaltungselemente waren traditionell die Allerheiligenlitanei, andere Litaneien, Psalmen und Wechselgebete sowie das Rosenkranzgebet.

Unterwegs wurden in der Regel „Stationen“, etwa an Feldkapellen oder Wegkreuzen, gehalten, wo aus der Bibel gelesen und Fürbitte gehalten wird.

Bei eucharistischen Prozessionen wurde an diesen Unterwegs-Stationen der sakramentale Segen erteilt.

Eucharistische Prozessionen nehmen ihren Anfang nach einer Heiligen Messe in der Pfarrkirche und haben mit dem Schlusssegen den Ausgangsort als Ziel.

Mit den Bittprozessionen an den drei Tagen um Christi Himmelfahrt wird für gutes Wetter, eine gute Ernte und Schutz vor Naturkatastrophen gebetet.

Die Gläubigen tun dies auch als Werke der Nächstenliebe und der Buße.

[b]Beliebt waren bei uns auch Wallfahrten zu Gnadenorten wie

  • Marienweiher,
  • Vierzehnheriligen oder
  • Mariä Glosberg im Oberfränkischen,
  • Walldürn in Nordbaden,
  • Schmerlenbach oder der Engelberg bei Großheubach in Unterfranken.

[/b]
Dort wurden auch Versprechen eingelöst, die in besonders schwierigen Situationen gegeben worden waren.

FAZIT: Prozessionen und Wallfahrten waren und sind auch heute noch besondere Ausprägungen der Volksfrömmigkeit.

Sie kamen durch ihre Symbolik dem Bedürfnis der Menschen nach Erlebnissen entgegen, die mit allen Sinnen, insbesondere durch Augen, Ohren und Nase aufgenommen wurden und nicht nur über den Verstand.

Roland Schönmüller

Autor:

Roland Schönmüller aus Miltenberg

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