Landkreis Miltenberg
Webkonferenz „Unlock Corona“ – Kreis-CSU fordert mehr Pragmatismus in der Krise

Angesichts anhaltender Lockdown-Regelungen und wachsendem Unmut der betroffenen Branchen hatte der CSU-Kreisverband Miltenberg zwei Online-Gesprächsrunden mit dem Titel „Unlock Corona“ initiiert. Gemeinsam mit Geschäftsleuten, Gastronomen, Unternehmerinnen und Unternehmern aus dem Landkreis wurde die Ist-Situation der regionalen Wirtschaft beleuchtet, um pragmatische Lösungsvorschläge zu entwickeln. Interview mit dem Kreisvorsitzenden der CSU, Michael Schwing, sowie dem Fraktionsvorsitzenden der CSU im Kreistag, Dr. Armin Bohnhoff, zu Ergebnissen der Online-Gesprächsrunde.

Wie haben Sie die Gesprächsrunden empfunden?
Dr. Bohnhoff:

„Es waren sehr fruchtbare Veranstaltungen mit wechselnden Gesprächspartnern aus Wirtschaft und Politik, darunter auch unsere Abgeordneten Hoffmann und Rüth. Es gab viele Anregungen, natürlich wurden auch Forderungen gestellt, die wir dann an die zuständige Entscheidungsinstanz, den Landrat, weitergeleitet haben. Das fand ich sehr konstruktiv.“

Welche konkreten Anregungen wurden erarbeitet?
Michael Schwing:

„Die Gewerbetreibenden wünschen sich eine bessere Kommunikation, wenn sich aufgrund von Inzidenzwertveränderungen auch die jeweils gültigen Corona-Regeln ändern, z.  B., dass das Landratsamt Handel, Gewerbe und Unternehmen per E-Mail über anstehende Neuerungen direkt informiert. Auch eine Zusammenfassung der jeweiligen Regelungen wäre hilfreich, genau wie – im Hinblick auf unsere Lage im Dreiländereck – eine Übersicht über die unterschiedlichen Regelungen der Länder, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Aktuell muss man sich die jeweiligen Informationen auf der Webseite des Landratsamts mühsam zusammensuchen.
Sehr zu begrüßen wäre die Einrichtung zentraler Stellen in den Städten und Gemeinden des Landkreises, an denen Corona-Schnelltests so durchgeführt werden könnten, dass diese nicht nur für ein Geschäft gelten, sondern für die Geschäfte im Umkreis. Für die Stadt Obernburg hat Bürgermeister Fieger gemeinsam mit Gewerbe und Unternehmen ein pragmatisches Testkonzept erarbeitet, bei dem Tests unter Aufsicht von geschultem städtischen und ehrenamtlichen Personal durchgeführt und dokumentiert werden. Hierdurch ist der Test zum Betreten mehrerer Geschäfte gültig. Die bisherige Haltung des Landrats­amts hierzu war leider wenig hilfreich und nicht lösungsorientiert. Wir haben diese und weitere Anregungen an das Landratsamt weitergegeben und hoffen, mit dem Feedback aus der Gesprächsrunde die Arbeit im Landratsamt zu unterstützen.“

Die CSU regiert in Bayern. Wäre es da nicht sinnvoller, diese Anregungen direkt in München anzubringen?
Dr. Bohnhoff:

„Ich habe den Eindruck, bestimmte Sachen haben einen Auslegungsspielraum, der im Landkreis nicht ausgenutzt wird. Und wenn man dann sagt, ‚die interne Kommission hat entschieden‘, lässt aber keinen anderen teilnehmen … dafür war ja unser runder Tisch, den wir gefordert haben, um hier das Spektrum zu erweitern: nicht nur Landratsamts-Mitarbeiter und Ärzte, sondern da müssen auch Einzelhändler oder Gastronomen gehört werden. Und wenn wir das noch nicht mal auf dieser Ebene machen ... Beispiel Impfbus: der wurde in Landshut umgesetzt. Wir haben das im Kreistag vorgeschlagen. Da haben wir einen langen Vortrag bekommen, warum ein Impfbus Unsinn ist, man habe das geprüft, es sei falsch. Aber warum macht Landshut das dann? Das hat nichts mit bayerischer Gesetzgebung zu tun, sondern mit Umsetzung im Landkreis. Und es ist auch gleich eine andere Kommunikation, wenn es heißt, wir werden das wohlwollend prüfen und wir sprechen das an, als wenn das einfach schnell abgebügelt wird. Ich stelle eine gewisse Neigung des Landrats fest, zu sagen: ,Bayern hat das als Staatsregierung verfasst, da muss ich nichts tun‘. Das ist gefährlich und schadet unserem Landkreis.“

Michael Schwing:

„Unabhängig davon, dass Impfdosen fehlen, halte ich nach wie vor einen Impfbus für sinnvoll. Wenn Sie z. B. von Altenbuch nach Miltenberg zum Impfzentrum kommen wollen, ist das schwierig. Auch verschieben wir hier vieles zu Lasten der Arztpraxen. Und das ist etwas, das man vor Ort entscheiden könnte. Unser gut vorbereiteter Antrag wurde dann leider nur kurz in der Kreistagssitzung abgehandelt und war dann vom Tisch.“

Sie fordern auch mehr Pragmatismus in der Krise. Was genau meinen Sie damit?
Dr. Bohnhoff:

„Wir sollten die Freiräume, die wir als Politiker haben, nutzen. Das ist für mich Pragmatismus. Wenn ich als Kunde in Geschäft A einen Test mache und dann, wenn ich 10 Minuten später in Geschäft B gehe, wieder einen Test machen muss, ist das nicht nachvollziehbar, wenn es auch anders gehen könnte, etwa so, wie Herr Fieger es für Obernburg ausgearbeitet hat. Der Bürger wird mit seinem Handeln nicht ernst genommen, ihm wird jede Kompetenz abgesprochen. Aber wenn man den Bürger nicht sieht, dann läuft im Land etwas verkehrt. Und es führt dazu, dass sich die Menschen eigene Regeln machen, unter Umständen auch fern der Legalität.
Ich bin ja noch relativ neu in der Politik und kann mich manchmal nur wundern, wenn immer wieder in den ,Ursümpfen‘ gestochert wird, Dauerthema ,Krankenhaus Erlenbach‘. Da wird gerne regelmäßig darauf hingewiesen, dass ja damals unter dem CSU-Landrat Schwing dem Verkauf zugestimmt wurde. Ich bin der Meinung, dass der Verkauf damals richtig war. Der Kreis hätte nie so viel in das Krankenhaus investieren können wie die jetzigen Betreiber, ohne andere wichtige Projekte vernachlässigen zu müssen.. Und ich bin ebenfalls der festen Überzeugung, dass das Krankenhaus eine gute Arbeit macht. Aber, wenn heute jemand sagt, das war ein Fehler, dann können wir das rückgängig machen. Die Mehrheiten im Kreistag sind heute schließlich anders verteilt. Und wenn man meint, dass eine Situation schädlich für die Bevölkerung ist, dann muss man nach vorne schauen und fragen ,Wie ändere ich das?‘. Aber es politisch nur zu benutzen, um darzustellen ,die CSU hat damals das Krankenhaus verkauft‘ und es dabei bewenden zu lassen, dann ist das verkehrt und keinesfalls pragmatisch.“

Michael Schwing:

„Wenn es damals tatsächlich ein Fehler war, so wie es bestimmte Gruppierungen sehen, dann sind Fehler dazu da, korrigiert zu werden. Und dann muss man eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben. Die CSU ist da für Gespräche bereit. Als CSU sind wir es gewohnt, verschiedene Standpunkte zu Themen innerhalb der Partei zu diskutieren und um Lösungen zu ringen und dies stets mit dem Blick nach vorne. Das ist nicht immer einfach, aber das macht nun mal eine Volkspartei aus.“

Wie setzen Sie den „Blick nach vorne“ als Kreis-CSU um?
Michael Schwing:

„Wir hatten u.A. eine Veranstaltung ‚Was bedeutet Wasserstoff für unsere Region? Wie können wir daran partizipieren?‘. Wir konnten viele Anregungen geben und es sollen auch noch weitere Aktionen folgen“.

Dr. Bohnhoff:

„Eine Machbarkeitsstudie ,Güterverkehr im Landkreis‘ soll durchgeführt werden, um festzustellen, wie im Kreis Güter auf die Schiene verlegt werden können. Die ist immer noch nicht beauftragt. Jetzt könnten wir als CSU einfach sagen ,Schade‘ und abwarten. Nein, ich habe in meiner Funktion als Professor eine Bachelor-Arbeit zum Thema ,Wie können wir den Personenverkehr mit der Maintalbahn stützen?‘ angeregt. Jetzt schauen wir, was wir bezüglich Güterverkehr machen können. Ich gehe mit Studenten zur Firma Josera, besichtige den Gleisanschluss, wir lassen uns alles erklären, und dann ist das eine Vorarbeit für die Machbarkeitsstudie, wenn sie denn kommt. Also auch im Kleinen: Kompetenz holen, Konzepte erarbeiten, diese diskutieren und vorstellen.
Das Nächste: Wir haben 100 Hausärzte und kennen genau deren Alter, wie gehen wir da jetzt vor, um die ärztliche Versorgung zu sichern? Wir wollen von der CSU eine Struktur schaffen, um diese Themen weiter nach vorne zu bringen; einmal die Sache von einer anderen Seite beleuchten, denn nur so kann man fundiert in dem Bereich argumentieren. Aus meiner Sicht muss es vom Kreistag eine Blaupause für Medizinische Versorgungszentren geben, die er den Gemeinden an die Hand gibt: ,Das ist die Blaupause, wollt ihr es fremdfinanziert haben, z. B. durch eine Helios, dann muss man das so machen, wollt ihr es durch wohlhabende Bürger aus dem Landkreis finanziert haben, dann ist das Geschäftsmodell so, und wir sagen euch, welche Einzelschritte zu machen sind.‘ Jede einzelne Gemeinde ist doch jetzt selbst am Überlegen, was sie denn machen könnte. Im Übrigen kann ich das für Wohnraum genauso erstellen, z. B. Leitlinien für Bauanträge für Tiny-Häuser so vorgeben, dass die sofort durchgehen. Das Landrats­amt ist doch in diesem Fall die entscheidende Instanz und sollte wissen, was es dazu braucht.“

Was tut die CSU, um den Menschen jetzt Mut zu machen?
Michael Schwing:

„Wir hatten eine digitale Gesprächsrunde mit Sozialministerin Trautner. Dort wurde z.B. mit ErzieherInnen das Thema Kindergarten beleuchtet. Dort gibt es großen Frust, diese stehen ja quasi an vorderster Front, sind verunsichert wegen der Corona-Abläufe, teilweise gibt es Gruppenschließungen wegen Corona-Fällen. Es ging aber vor allem darum, die Menschen anzuhören und Verständnis zu zeigen, Frau Trautner hat das gut rübergebracht. Auch das Thema „Wie geht es der Jugend aktuell“ wurde bearbeitet. Frau Trautner hat das sehr gut auf den Punkt gebracht mit der Aussage ,Wie können Sie denn digital küssen?‘. Das, was die Jugendzeit ausmacht, um die Häuser ziehen, sich treffen, Kontakte finden, das ist ja jetzt alles nicht möglich.“

Dr. Bohnhoff:

„Meine Sache ist nun mal die Arbeit mit Studenten, da habe ich die Kontakte, ebenso zur Logistik und zur Wirtschaft. Wie kann ich die nutzen, um hier im Maintal etwas zu machen, um daraus dann auch wieder Blaupausen zu entwerfen für andere. Und diese Impulse brauchen wir und Menschen, die sich auf ehrenamtlicher Basis mit einbringen, und das ist für mich die Politikarbeit. Ich möchte daran arbeiten, dass wir den selbstbestimmten Bürger wieder bekommen, nicht den Bevormundeten. Denn das haben wir in Corona verlernt. Mut machen natürlich derzeit die momentan geringen Inzidenzzahlen, die weitere Öffnungen ermöglichen. Daher hatten wir als CSU den Landrat bereits im Vorfeld auf Initiative der Unternehmer gebeten, die erforderlichen Anträge in München frühzeitig zu stellen, damit unsere Gastronomie entsprechend öffnen kann.“

Michael Schwing:

„Ich glaube, wir reden auch zu viel über die, die sich an nichts halten und an allem zweifeln. Ich halte es für notwendig, der breiten Mehrheit, die sich ja an die Vorgaben hält, Danke zu sagen, sie für ihre Bereitschaft, diesen Weg bis jetzt mitzugehen, zu loben. Das müsste man mehr in den Mittelpunkt stellen. Das neue Wort „mütend“ (müde+ wütend, Anm. d. Red.), dieses Gefühl, hat sicher jeder schon einmal empfunden. Man trägt die Dinge mit, aber es fehlt eine Perspektive, und man hört immer nur, was man nicht darf. Lob würde den Leuten wirklich einmal gut tun.“

Autor:

Sabine Rindsfüsser aus Miltenberg

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